Gewalttat

Nach Tötung 13-Jähriger: Die Suche nach Antworten

Generaldirektor Ruf und Ministerin Edtstadler nach dem runden Tisch.
Generaldirektor Ruf und Ministerin Edtstadler nach dem runden Tisch. APA/HELMUT FOHRINGER
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Die Polizei fahndet nach noch einem Verdächtigen, Politik und Experten suchen Antworten auf die Tat.

Während die Polizei nach weiteren Mittätern im Fall der 13-jährigen getöteten Leonie fahndet, sucht die Politik Konsequenzen aus der Tat. Schließlich hat lang kein Verbrechen für so viel Erschütterung gesorgt wie die Tötung des 13-jährigen Mädchens. Sie wurde mutmaßlich von mehreren jungen Afghanen unter Drogen gesetzt, vergewaltigt, getötet und leblos an einer Straße in Wien Donaustadt an einen Baum gelehnt.

Mittlerweile sind drei junge Afghanen festgenommen, nach einem vierten Verdächtigen, ebenfalls Afghane, 22 Jahre, vorbestraft, läuft die Fahndung. Dass es weitere mögliche Mittäter gibt, schließt die Polizei nicht aus. Franz Ruf, Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit sprach von „dynamischen Entwicklungen“.

Zu diesem runden Tisch hatte Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) mehrere Expertinnen und Experten geladen. Edtstadler betonte, nach der Tat werde man „nicht zur Tagesordnung“ übergehen und sprach nach dem Treffen von „mehreren Handlungsfeldern“: „Es liegt klar auf dem Tisch, dass Migration Probleme verursacht, dass wir straffällige Asylwerber haben, Menschen aus Afghanistan sind hier überrepräsentiert“, so Edtstadler.

Franz Ruf führte dazu anhand der polizeilichen Anzeigenstatistik aus: Von aktuell rund 44.000 Menschen afghanischer Staatsangehörigkeit in Österreich wurden 2020 in Summe 4877 Menschen als Verdächtige in einer Straftat angezeigt. Gemessen pro 100.000 Einwohner zeigt sich eine besondere „Kriminalitätsbelastungszahl“: Diese liege pro 100.000 Einwohnern bei Inländern bei 833, bei afghanischen Staatsangehörigen bei etwa 4000.

Bei den strafbaren Handlungen afghanischer Staatsangehöriger in Österreich stehe an erster Stelle Körperverletzung, gefolgt von Sachbeschädigung, Betrug, Suchtmitteldelikten.

Auch der niederländische Soziologe Ruud Koopmanns wurde eigens digital zum runden Tisch zugeschalten, um unter anderem anhand von Zahlenmaterial aus Deutschland eine stärkere Kriminalität afghanischer Flüchtlinge darzustellen: In Deutschland seien bei Verbrechen gegen die körperliche Integrität zwischen 2017 und 2019 Flüchtlinge um den Faktor sechs öfter die Täter gewesen, erklärte Koopmanns.

Edtstadler forderte zum konkreten Fall von Justizministerin Alma Zadić (Grüne) die Einschaltung der Dienstaufsicht. Dem inhaftierten 18-Jährigen wurde sein subsidiärer Schutz wegen Straffälligkeit aberkannt, er ging in Berufung. Hätte das Bundesverwaltungsgericht zeitgerecht binnen drei Monaten entschieden, so Edtstadler, wäre der Bursche zum Zeitpunkt der Tat wohl abgeschoben gewesen. Sie sieht auch die europäische Politik am Zug und fordert raschere Abschiebungen, weitere Rücknahmeabkommen und einen effektiveren Außengrenzschutz.

Soziologe Koopmanns plädierte überhaupt dafür, nur noch jene Flüchtlinge in Europa Asyl beantragen zu lassen, die aus Anrainerstaaten der EU stammen. Für die anderen Gruppen sollte nur eine Möglichkeit für entsprechende Ansuchen von außen bestehen.

Edtstadler will Härte zeigen

Wie überhaupt Probleme mit Migranten, besonders afghanischen Männern, im Fokus der Beiträge der Geladenen standen: Menschenrechtsaktivistin und Islamkritikerin Saida Keller-Messahli meinte etwa, angesichts der Erziehung seien viele Jugendliche unfähig, ein gesundes Verhältnis zu Mädchen aufzubauen. Gewalt gegen Frauen sei als normal akzeptiert, Sexualität völlig tabuisiert, dabei sei die Sexualisierung auch junger Mädchen, die in Afghanistan verheiratet werden, omnipräsent. Die Frau habe zu dienen, der Mann zu herrschen.

Edtstadler betonte neuerlich, wer in Österreich Schutz suche, habe hiesige Werte zu respektieren: „Wer das nicht tut, hat in diesem Land nichts verloren.“ Werde jemand selbst zur Gefahr, gebe es nur eine Antwort: Abschiebung. Der runde Tisch am Donnerstag sei hier nur ein Anfang der „intensiven Beschäftigung“ mit dem Thema gewesen sein. 

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