"Wir fanden hohe Konzentrationen von Chrom, Arsen und Blei"

Marton Vay, Sprecher von "Greenpeace" in Ungarn, über die Rotschlamm-Katastrophe: "Ich glaube nicht, dass in der Region auf absehbare Zeit Landwirtschaft möglich ist. Es fehlen Mittel für eine adäquate Reaktion."

Die Presse: Sind die Folgen schon abzuschätzen?

Marton Vay: Noch nicht. Ein enorm großes Gebiet ist betroffen, auch die Donau ist in Gefahr. Wir fürchten, dass es zu Fischsterben kommen könnte wie anno 2000 durch den Zyanid-Schlamm nach dem Dammbruch in der Goldmine von Baia Mare in Rumänien.

Welche Auswirkungen wird das Unglück auf die Landwirtschaft haben ?

Ich glaube nicht, dass in der Region auf absehbare Zeit Landwirtschaft möglich ist. Es regnet noch immer. Das ist an sich gut, weil so verhindert wird, dass getrockneter Schlammstaub verweht wird. Andererseits werden die Schadstoffe tiefer in den Boden gespült und gefährden das Grundwasser.

Wie könnten die Auswirkungen des Unglücks begrenzt werden?

Man müsste den Schlamm nun sehr schnell beseitigen und den Grund abtragen. Aber 40 Quadratkilometer sind einfach eine sehr gewaltige Oberfläche. Der Bodenaustausch in einer solchen großen Region wird eine ungeheuer große und schwere Aufgabe sein.

Wie bewerten Sie die Rettungsmaßnahmen?

Leider sind die staatlichen Institutionen in Ungarn schwach, es fehlen Mittel für eine adäquate Reaktion. Das größte Problem ist aber, dass keine Behörde selbstständig und unabhängig von der Politik operieren kann.

War Greenpeace schon vor Ort?

Wir nahmen Boden- und Wasserproben und fanden hohe Konzentrationen von Chrom, Arsen, Cadmium und Blei. Die Proben werden noch genauer untersucht. Besorgniserregend ist, dass die Rettungskräfte selbst noch nicht darüber informiert sind, welchen Giftstoffen sie genau ausgesetzt sind. ros

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2010)

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