Enyaq

Elektro-Škoda: Die Kunst des feinen Unterschieds

 Etwas länger, etwas mehr Laderaum und im Inneren definitiv charmanter als das Original VW ID.4: Škoda Enyaq iV 80 im nahezu maximalen Trimm.
Etwas länger, etwas mehr Laderaum und im Inneren definitiv charmanter als das Original VW ID.4: Škoda Enyaq iV 80 im nahezu maximalen Trimm. Clemens Fabry
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Škoda hat mit dem Enyaq ein geräumiges, reichweitenstarkes und ansehnliches Elektro-SUV in Stellung gebracht - dies wohl mehr für aufgeschlossene Freunde der Marke als hitzige E-Aficionados.

Vor Kurzem hatten wir an der Stelle das quasi Original zu Gast, den VW ID.4. Gibt es über den Škoda Enyaq, der ja auf der gleichen technischen Plattform fußt (wie auch der unlängst gestartete Audi Q4 e-tron), dann noch viel zu sagen?


Man hätte bei der Marke wohl eine dürftige Arbeit abgeliefert, wäre dies nicht der Fall. Denn der Enyaq weist zwar zwangsläufig einige grundlegende Gemeinsamkeiten auf – im wesentlichen Bauweise, Elektronik, Antriebsstrang –, aber eben auch Unterschiede, und auf die soll's ankommen. Das ganze Wolfsburger Marken-Imperium lebt schließlich davon, dass man die Kunst des Derivats, das möglichst nicht wie ein solches erscheinen soll, gut beherrscht. Und Škoda hat sich in dieser Disziplin den vielleicht besten Ruf im Haus erarbeitet.

Der Enyaq ist zunächst länger, breiter und höher als der VW ID.4, was man sich mit Blick auf eine womöglich auch noch barmherzigere Preisgestaltung schon einmal gern gefallen lässt. Denn produziert wird der Škoda nicht in Zwickau, wie die Originale und anderen Derivate, sondern zu Hause, im tschechischen Stammwerk Mlada Boleslav.
Die draufgelegten sechseinhalb Zentimeter Länge kommen gänzlich dem Heckabteil zugute und bedingen einen etwas längeren Überhang, wie er sich aber gefällig in die Gesamterscheinung fügt. Die muss man als Elektroauto erst einmal erkennen, am ehesten an der Attrappe eines Kühlergrills, sonst sieht der Enyaq aus wie eine kühner interpretierte Seitenlinie des (konventionellen) Kodiaq. Das wirkt schon progressiv, verschreckt aber auch niemanden, der kein Elektroauto mit Rufzeichen spazieren führen will. Was den Platz an Bord angeht, so hat sich der Enyaq den Meistertitel innerhalb des Škoda-Portfolios geholt.
Richtig toll ist, was Škoda aus dem Innenraum gezaubert hat. Der ist im ID.4 fast klinisch nüchtern ausgefallen, das kann man natürlich mögen, aber ungleich wohnlicher ist es schon im Enyaq, der gegen entsprechendes Aufgeld zu einem Ausbund hochwertiger Interieurgestaltung aufläuft.

Schön anzusehen, fein anzugreifen: Škoda hat den Enyaq erstklassig eingerichtet.
Schön anzusehen, fein anzugreifen: Škoda hat den Enyaq erstklassig eingerichtet.Clemens Fabry

An den eher unseligen Bedienelemente für beispielsweise Lautstärke und Schiebedach, Slider genannt, kommt auch Škoda nicht vorbei, aber es gibt den feinen Umweg über eine kleine Rolle am Lenkrad, die haptisch Freude macht, anders als die Lenkradtasten im VW. Zum Bordsystem selbst kann man nur wiederholen, dass es kein großer Wurf ist, weil es Blick, Aufmerksamkeit und Fingerspitzen auf den zentralen Bildschirm zieht und damit blind gefahrene Meter so gut wie unvermeidlich sind – Fortschritt ist das keiner. Dass man sich auf Sprachsteuerung verlegen könnte, dafür sind uns jedenfalls die Reaktionszeiten zu lang.
Aber für schlechte Stimmung am Lenkrad reicht das bei Weitem nicht, denn man ist grundsätzlich froh und wohlgemut, in diesem Auto zu sitzen. Es ist leise, wenn man das will, und wohin man blickt (im Fahrzeug), sieht man gutes Design. Der eigentümliche Wählhebel der Fahrbereitschaft ist zu einem Knubbel auf der Mittelkonsole gewandelt, nach D schiebt man meist gleich das B nach, um die Rekuperation zu aktivieren. Oder man tut dies per Lenkrad-Paddles in drei Stufen bis hin zur scharfen Ein-Pedal-Bedienung.

Anders als der ID.4 gönnt sich der Enyaq eine längere Heckpartie, der Längenzuwachs kommt Laderaum und Fond zugute.
Anders als der ID.4 gönnt sich der Enyaq eine längere Heckpartie, der Längenzuwachs kommt Laderaum und Fond zugute. Clemens Fabry


Schön saftig in allen Lebenslagen die Kraftentfaltung; zur Vermeidung von störendem Schlupf ist mit dem Antrieb die Hinterachse beaufschlagt. Mit der teuren RS-Variante ist auch Allrad eine Option. So steht aber auch ein (brutto) 50-kW-Akku vor der Tür, dessen Attraktivität man noch genau beleuchten muss. Denn mit dem großen 77-kW-Ding des iV 80 hat der Enyaq jene Autonomie, die man in einem familienfreundlichen Reisewagen kaum missen wollte. Mit einer Reichweite um die oder nahe der 500 Kilometer lässt sich auch abseits des Alltags etwas anfangen. Wer unterwegs an einen 125-kW-Lader gerät, holt sich 100 Kilometer innert sieben Minuten.
Den Regenschirm in der Fahrertüre gibt es, wo ist das Eiskratzerl versteckt? Tankklappe fällt aus, weil die beim Laden offensteht. Es ist der Heckklappe zu entnehmen, wenn's wieder so weit ist.

Škoda Enyaq iV 80

Maße L/B/H 4649/1879/1616 mm. Radstand 2765 mm. Kofferraum 585-1710 Liter. Leergewicht 2090 kg.
Antrieb Permanenterregte Synchronmaschine a. d. Hinterachse, Leistung max. 150 kW (204 PS); 310 Nm.
Lithium-Ionen-Batterie, 77 kWh netto.
0–100 in 8,5 sec. Vmax 160 km/h.
Testverbrauch 19,0 kWh/100 km.
Reichweite 536 km nach WLTP, Reichweite real ca. 470 km.
Preis ab 46.470 Euro.

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