Wohngeschichte. Wie sich Keramikerin und Ergotherapeutin Christine Mittermayr im Oberen Mühlviertel eingerichtet hat – samt Atelier, Brennofen und Stücken aus der Familiengeschichte.
Gutes Essen zu genießen, in Gesellschaft von Menschen, die man mag, finde ich entspannend“, sagt Christine Mittermayr. Und weil zu gutem Essen schönes Geschirr gehört, hat sie sich beruflich dem Porzellan verschrieben. In ihrem Haus, das in den 1970-er Jahren von den Schwiegereltern erbaut wurde, ist auch das neue Atelier untergebracht. „Es waren schon damals zwei Wohneinheiten vorgesehen. Integriert waren in dem lang gestreckten Bau auch ein Elektrogeschäft, eine Werkstatt und zwei Garagen“, erzählt sie. Am Dachboden und im Keller befanden sich Warenlager. 1999 übernahmen Mann und Schwager den Betrieb und bauten ein neues Betriebsgebäude am anderen Ende des Ortes. 2004 wurde dann das Haus gemeinsam mit den Schwiegereltern umgebaut.

Terrazzo trifft Heizung
Während des Umbaus bewohnten beide Haushalte die Baustelle – und tauschten schließlich die Haushälften. Dach und Dachboden wurden entfernt, das Giebeldach durch ein Flachdach ersetzt, das Elektrogeschäft wurde zur Garage, die ehemalige Werkstatt zur Ergotherapiepraxis und 2013 zum Keramikatelier.
Beim Umbau wurde dem 1970er-Jahre-Stil radikal der Kampf angesagt: Die dunklen Teppichböden und düsteren Holzdecken wurden entfernt, der Terrazzo-Belag im Stiegenhaus wurde nach der Installation einer Fußbodenheizung nachträglich wieder verlegt. Der Schriftzug des ehemaligen Elektrogeschäfts ziert noch heute die Treppe – als Zeuge der Vergangenheit. Wände kamen weg, Fenster wurden teilweise zu Glasfronten vergrößert. Die Außenmauern bekamen eine Isolierung. Nur die Decke mit den Hohlziegeln blieb – und überträgt manchmal den Schall von der anderen Wohnung.
Der Balkon wurde mit einer Holzkonstruktion verbreitert, im hinteren Teil des Gartens in den Hanggarten ein Holzsteg in Größe einer Holzterrasse verlegt. „Zusätzlich zum Garten auf zwei Ebenen entstand auf diese Weise auch ein Hinterhof, der im Sommer Gold wert ist. Dort ist es schön schattig, es weht immer ein Lüfterl, und unter dem Holzsteg schwingen dann fröhlich am Wochenende unsere Hängematten.“
Heute lebt Mittermayrs Familie auf zwei Etagen mit rund 150 Quadratmeter Wohnfläche mit großem Küchen- und Esszimmerbereich und einem Wohnzimmer, das durch eine Schiebetür abgetrennt ist. Behaglichkeit wird auch im Schlafbereich großgeschrieben: Das Elternbad hat eine integrierte kleine Sauna, die Winter sind lang im Mühlviertel. Da die Kinder erwachsen sind, wurden deren Bad und Zimmer zur Gästeunterkunft beziehungsweise zum Home-Office des Hausherrn.
Holzböden im Wohnzimmer und in den Schlafzimmern sorgen zu jeder Jahreszeit für Gemütlichkeit, für Bad, Gang, Küche und Esszimmer wurden beigefarbene Steinzeugfliesen gewählt. Die Inneneinrichtung nimmt Stilbrüche durchaus in Kauf. Neues wird mit alten Möbeln kombiniert – es soll schlicht, bequem, mit kleinen Hinguckern sein.

Luftige Räume
Im unteren Stock befindet sich das Atelier mit Brennofen, Werkraum und kleinem Schauraum. Auf den Bestand der Außenmauern kam ein Vollwärmeschutz, die großen Fenster sind teilweise rahmenlos, um viel Licht hereinzulassen. Dort entstehen ihre Kreationen – und meist „wandert die zweite Wahl von meinem Atelier in die Küche“, erzählt Mittermayr.
Licht ist ihr auch im Haus wichtig: „Obwohl im Mühlviertel besonders der Herbst oft nebelig ist, sind unsere Räume hell und mit 2,55 Meter Höhe sehr luftig, weil wir die Türstöcke bis zur Decke aufgebrochen haben.“ Die Türen und Wände wurden in Weiß gehalten und reflektieren auf diese Weise das einfallende Licht sehr gut. „Begeistert bin ich immer wieder, wenn ich morgens in die Küche komme, und die aufgehende Sonne über dem Kräuterfeld des Nachbarhofs bestaunen darf.“ Ihr Lieblingsschreibplatz ist eindeutig der große Küchentisch. Derzeit arbeitet sie an zwei Büchern, jenes über Erholung und Kindheit im Mühlviertel wird voraussichtlich im Herbst erscheinen. „Und abends sitze ich gern im Wohnzimmer auf der Couch oder im Lesesessel. Im Idealfall mit der Katze auf dem Schoß.“

Zum Ort, zur Person
Als Oberes Mühlviertel (Bezirk Rohrbach und Teile von Urfahr-Umgebung)
wird der westliche Teil der Region benannt – im Vergleich zum Unteren Mühlviertel, das aus dem ehemaligen Machlandviertel hervorging und seit 1779 zum heutigen Mühlviertel gehört. Einfamilienhäuser kosten im Bezirk Rohrbach rund 1201,32 Euro/m2, neue Mietwohnungen 6,99 Euro/m2.
Christine Mittermayr ist als Keramikerin und Ergotherapeutin tätig. www.textpoterie.at
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2021)