Ungeduscht und emanzipiert im Home-Office

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Aktivität und Arbeit: vor, während und nach Corona.

Fast hätte die Forschungsgruppe um Reinhard Hössinger (Boku Wien) ihre Erhebungen zu Mobilitäts- und Aktivitätsmustern im Alltag abgebrochen, als der erste Corona-Lockdown verkündet wurde. Eine Erhebungswelle war abgeschlossen, die zweite kurz vor dem Start. Zum Glück entschloss man sich trotz geänderter Voraussetzungen weiterzumachen. Denn, so Hössinger, „jetzt sitzen wir auf einem wahren Schatz an Daten“. Diese zeichnen ein genaues und vergleichbares Bild zum Alltagsverhalten vor und während des Lockdowns.

Wenig überraschend ist der massivste Effekt des Lockdowns, der Rückgang der Mobilität um 36 Prozent. Ebenfalls erwartbar war die Verschiebung im Zeitbudget von der Erwerbsarbeit hin zu mehr Haushaltsarbeit und Freizeit. Erstaunlich hingegen: Im Lockdown wurden im Schnitt pro Tag 25 Minuten weniger für die Körperpflege aufgewendet. Interessant ist auch die starke Zunahme an Sekundäraktivitäten. Das meint etwa jenes Multitasking, wenn neben der eigenen Computerarbeit das Kind beim Lernen unterstützt werden musste.

Schlüsselfaktor Führung

Die neue Arbeitssituation nach den Lockdowns – mit steigenden Anteilen an Home-Office – nahm ein Team um Wolfgang Güttel (TU Wien) ins Visier. Sie könne dazu führen, dass Fehlentwicklungen viel länger unbeachtet bleiben, so der Forscher. Die Folge sind Ressourcenverschwendungen und Frustrationen. Je digitaler der Arbeitsalltag, desto wichtiger wird entsprechend eine gute Führung. Diese muss bei digitaler Distanz die nach Emanzipation strebenden Mitarbeiter im Team halten, sie zu unterschiedlichen Arbeitszeiten orchestrieren und eine Zusammenarbeitskultur etablieren. (APA/cog)

www.Boku-Erhebung:ive.boku.ac.at/covid

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2021)

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