Pizzicato

Sommerferienbeginnmelancholie

Greber
  • Drucken

Haben also die Ferien angefangen. Jedenfalls hier im Osten. Immer irgendwie traurig. Selbst wenn es so schön ist - und eine Volksschulzeit damit zu Ende ging.

Haben also die Ferien angefangen. Jedenfalls hier im Osten.

Wochenlang war's heiß, dann warm und unbeständig, und just an dem Freitagmorgen blies in unsrem Ort ein kühler Wind, dass die Luftballons und Seifenblasen beim Herauskommen der Kinder auf den Schulplatz horizontal und in die Häuser gegenüber statt in die Höhe flogen.

Es hat einen gefröstelt. Das lag wohl auch daran, dass, in unsrem Fall, plötzlich vier Jahre vorbei waren. Die Viertklässler nahmen Abschied, nacheinander kamen sie aus der Schule und marschierten stolz durch das Spalier der Eltern. Musik tönte („Auf uns" von Andreas Bourani), einige Kinder kriegten nasse Augen. Einige weinten sogar - kurz.

Ich erinnerte mich an dieses süße melancholische Gefühl jedes Mal am ersten Sommerferientag. Und an Arthur Wellesley, 1. Herzog von Wellington, der von der „melancholischen Natur des Sieges" sprach. Der Bub trug ein blaues Hawaiihemd und leuchtete förmlich. In den vier Jahren ist er um 23 Zentimeter gewachsen.

Jüngst saß ich im Garten beim Wein, als ein seltsam Ding daherschwebte: Wie ein winziges weißes Regenschirmchen, höchstens zwei Zentimeter groß, mit einem Kegelchen unten am imaginären Griff. Ganz langsam trieb es vorbei und verschwand wieder. Ein Pflanzensamen. Ob daraus etwas wird? Das Leben kämpft weiter. Die Zeit ist ein Zug, die Zukunft fliegt an den Fenstern vorbei und wir passieren die Bahnhöfe, die Nasen an die Fenster gedrückt.

Reaktionen an: wolfgang.greber@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2021)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.