Rund 5000 geschädigte MEL-Anleger haben bereits einen Vergleich mit der Meinl Bank geschlossen, was die Bank 18 bis 20 Millionen Euro kostet. Die noch offenen Verfahren dürften die Bank weitere zehn Millionen kosten.
Die Meinl Bank will auch nach der Niederlage beim Obersten Gerichtshof (OGH) in der Causa MEL (Meinl European Land, heute Atrium) ihre Strategie beibehalten. Bank-Vorstand Peter Weinzierl rechnet damit, dass ein Vergleich mit jenen MEL-Anlegern, die infrage kommen, rund 30 Mio. Euro kosten dürfte. Rund 3.000 der insgesamt 10.000 mutmaßlich Geschädigten könnten das Angebot aber nicht annehmen, weil sie die Wertpapiere bei ihren Hausbanken erworben und somit gar keine direkte Vertragsbeziehung mit der Meinl Bank hätten, erklärte Weinzierl..
Bisher habe die Bank mit rund 5.000 Anlegern einen Vergleich geschlossen. Dies würde die Bank zwischen 18 bis 20 Millionen Euro kosten. "Nicht sehr viele Verfahren werden bis zum Ende durchgefochten", hofft Weinzierl. Aufgrund des OGH-Urteils gebe es keinen Druck, die angebotenen Vergleichsquoten zu ändern.
Angebotsfrist für AK-Gruppe offen
Im Wesentlichen gebe es drei große Gruppen von Klägern, so Weinzierl. Bei den von der Arbeiterkammer (AK) vertretenen Anlegern liege die Rücklaufquote bei rund 75 Prozent. Die Frist sei zwar Ende September ausgelaufen, weil aber das Vergleichsangebot spät verschickt worden sei, betrachtet Weinzierl die Angebotsfrist noch als offen. Er rechnet nach wie vor mit einer Rücklaufquote von rund 90 Prozent.
Die zweite Gruppe seien von der AK zum Prozesskostenfinanzierer Advofin geschickte Anleger. Hier betrage die Rücklaufquote knapp 50 Prozent. Auch hier erwartet Weinzierl letztendlich 90 Prozent. Gespräche über die ausschließlich von der Advofin vertretenene Gruppe gebe es derzeit nicht, allerdings rede man mit dem Prozessfinanzierer bezüglich der zweiten Gruppe (Advofin/AK), betonte der Bank-Vorstand. Bei den von Rechtsanwälten vertretenen Anlegern rechnet die Bank mit einer Rücklaufquote von über 90 Prozent.
Keine Vergleiche mit Großanlegern
Vergleiche ab einer gewissen Investmenthöhe und mit "professionellen" Anlegern will die Meinl Bank nicht schließen, weil es hier im Gegensatz zu den Kleinanlegern kein Schutzbedürfnis gebe, so Weinzierl. Darunter sei auch eine oberösterreichische Kapitalanlagegesellschaft.
Dem OGH-Urteil zufolge hat die zentrale Vertriebswerbebroschüre für die MEL-Wertpapiere einen Irrtum über das Risiko des Papiers bei einem Anleger veranlasst. Dieser habe seine Verkaufsentscheidung aufgrund dieser Broschüre getroffen, in dessen Impressum auch die Meinl Bank erscheint. Die Risikogeneigtheit einer Anlageform ist laut der Judikatur des OGH als eine Produkteigenschaft zu sehen und daher kann der Anleger den Vertrag rückabwicklen, also die Wertpapiere der Bank zurückgegeben. Sie muss ihm den Kaufpreis abzüglich der Ausschüttung zurückerstatten.
Jede Werbung ist irreführend
"Der Emissionsbank die Verantwortung allein für diese Broschüre umzuhängen, ist bemerkenswert", kommentierte Weinzierl die Entscheidung der Höchstrichter. Außerdem würden in jeder Werbung die Chancen gegenüber den Risiken hervorgestrichen. "Wenn man das auf alle Marktteilnehmer gleichermaßen anwendet, dann ist jede Werbung irreführend", kritisiert der Meinl-Vorstand und fügt hinzu: "Wenn man mit dem Irrtum so leicht durchkommt, dann kann man drei Jahre warten: Geht's hinauf, ist alles eitel Wonne, geht's nicht hinauf oder tatsächlich hinunter, dann stehe ich auf und bekomme mein Geld wieder".
"Es (das Urteil, Anm.) gilt eigentlich nur für diesen Sachverhalt und ist bei jedem einzelnen Kläger genau zu prüfen", meint Weinzierl. Er glaubt, dass dieses Argument aus der Entscheidung bei den anhängigen Gerichtsverfahren nun häufiger hinterfragt werde. Seiner Ansicht nach werde es deshalb ein "weniger wertvolles Argument" in den bevorstehenden Rechtsstreitigkeiten werden.
Meinl wendet sich an Berater
Meinl will aber auch die Berater und die dahinter stehenden Versicherungen zur Kasse bitten. Ein Drittel der gesamten Summe, die die Bank für die Vergleiche springen lassen will, könnte laut Weinzierl dabei rausschauen. Einen Teil davon will das Geldhaus den Anlegern weitergeben.
Bezüglich der in London eingebrachten Milliarden-Klage der MEL-Nachfolgegesellschaft Atrium meinte der Meinl-Vorstand, dass eine Risikovorsorge nicht nötig sei, weil man die Klage inhaltlich für "vollkommen haltlos" halte. Für die Verfahrenskosten werde aber eine Rückstellung gebildet.
(APA)