Kleiner U-Ausschuss

"Spardiktat": Opposition zerpflückt türkis-grünen Impfstoffkauf

Impfstoff von Biontech/Pfizer
Impfstoff von Biontech/PfizerAPA/AFP/PASCAL POCHARD-CASABIANC
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SPÖ, FPÖ und Neos werfen der Regierung „immense gesundheitlichen und finanziellen Schäden für die Bevölkerung und Wirtschaft“ vor.

Die drei Oppositionsfraktionen SPÖ, FPÖ und Neos legen dem Rechnungshofausschuss des Nationalrats heute, Montag, ihren Minderheitsbericht zum "kleinen U-Ausschuss" zu den Coronabeschaffungen des Bundes vor. Und sparen darin nicht mit Kritik - und Forderungen.

Bei den Impfstoffen sehen die drei Fraktionen das "Spardiktat", dass das ÖVP-geführte Finanzministerium dem grünen Gesundheitsressort auferlegt habe, als Kardinalfehler. "Aus den übermittelten Unterlagen geht hervor, dass das Gesundheitsministerium ursprünglich 'mehr als 200 Millionen Euro' festschreiben wollte, sich am Ende das Finanzministerium mit einem Kostendeckel von 200 Millionen Euro durchsetzen konnte – mit immensen gesundheitlichen und finanziellen Schäden für die Bevölkerung und Wirtschaft", heißt es in dem Bericht.

Die Regierung habe nicht nur deswegen auf 1,5 Millionen Dosen von Johnson&Johnson verzichtet, sich beim teureren Impfstoff von Biontech/Pfizer zurückgehalten und in erster Linie auf den am billigsten angebotenen Impfstoff von AstraZeneca gesetzt. Die Impfstrategie der Bundesländer sei undurchsichtig gewesen, gerade die ältere Bevölkerung habe im Frühjahr 2021 sehnsüchtig auf einen Impftermin gewartet, wird weiters beanstandet.

„Höchst unglaubwürdig"

"Die von Bundeskanzler Kurz versprochenen Ziele mussten bereits mehrmals nach hinten verschoben werden. Um vom eigenen Versagen abzulenken erklärte BK (Bundeskanzler, Anm.) Kurz den Beamten Clemens Martin Auer aus dem Gesundheitsministerium für 'hauptschuldig', dabei hat Kurz das Thema Impfen selbst zur Chefsache erklärt", so die Oppositionssicht der Dinge: "Um die zerstrittene Koalition offenbar nicht weiter zu gefährden, hat der damalige BM (Bundesminister, Anm.) Anschober diesem die Agenden fürs Impfen entzogen. Dabei ist es höchst unglaubwürdig, dass weder Bundesminister Anschober noch Bundeskanzler Kurz von alldem nichts wussten und ein Beamter im Alleingang Österreich in dieses Chaos gestürzt hat."

Dann seien noch "Nebelgranaten wie Sputnik" gezündet worden: "Keine einzige Dosis wurde bis dato geliefert. Vom russischen Impfstoff fehlt also nicht nur jede Spur – es kennt auch niemand – zumindest im Gesundheitsministerium und im BKA auch nur einen Vertragsentwurf zur Lieferung von Sputnik." Fazit: "Die Ankündigung, man stehe in Sachen Sputnik im April 2021 kurz vor den ersten Lieferungen, kommt also einer groß angelegten Lüge nahe."

Intransparent bei App, Kampagnen und im Krisenstab

Kritik übt die Ausschuss-Minderheit auch an Intransparenz in der Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz, etwas was den Kauf Schutzmasken und Schutzausrüstung betrifft, aber auch bei der Arbeit im Krisenstab oder bei den Projekten "Schau auf dich, schau auf mich" bzw. "Österreich impft" und der "Corona-App". Zudem hinterfragt die Opposition die Rolle der Bundesbeschaffungs GmbH (BBG), etwa bei der "fragwürdigen Auftragsvergabe für Massentestungen". Ob der Ausnahmetatbestand der "Dringlichkeit" auch noch im Herbst und Winter 2020 gegeben war, ist aus Sicht der Opposition zu hinterfragen.

Bei den Massentestungen fehle es ebenfalls an Transparenz. "Die Bürgerinnen und Bürger sollten ein Recht darauf haben, den Entscheidungsfindungsprozess der Bundesregierung hinsichtlich eines mit Steuergeld finanzierten Großauftrages im Wert von rund 67 Millionen Euro gegebenenfalls im Detail nachvollziehen zu können", so die Forderung der Opposition.

Bezüglich Hygiene Austria schreiben SPÖ, FPÖ und Neos vom "fragwürdigen Wunsch nach einem heimischen Hersteller" inmitten einer globalen Gesundheitskrise. Von wem genau dieser ausgegangen sei, bleibe unklar. "In jedem Fall wurde im Zuge des Ausschusses ersichtlich, dass die Republik rund neun Millionen Euro an Steuergeld einsparen konnte, nachdem die inoffizielle Vorgabe, einen heimischen Hersteller zu beauftragen, fallen gelassen worden war und das BMSGPK die Auftragsvergabe für rund die 18 Millionen FFP2-Schutzmasken der "Aktion 65+" doch ausschreiben ließ."

(APA)

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