Prozesstag 2

Strache-Prozess: "Dann muss ich unter Alkoholeinfluss gestanden sein"

Die Angeklagten Strache und Grubmüller, im Hintergrund RichterinMoravec-Loidolt
Die Angeklagten Strache und Grubmüller, im Hintergrund RichterinMoravec-Loidoltimago images/SEPA.Media
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Der Ex-FPÖ-Chef soll einem befreundeten Klinik-Betreiber zu einem günstigen Gesetz verholfen haben. Beide bestreiten die Vorwürfe.

Der zweite Tag im Prozess um die Causa Prikraf/Gesetzeskauf lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: Verwunderung. Letztere bestand dabei sowohl bei den beiden Angeklagten, dem früheren FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und dem Betreiber der Privatklinik Währing, Walter Grubmüller, wie auch bei so manchem Zeugen – sowie kurzzeitig wohl auch bei Richterin Claudia Moravec-Loidolt. Der Grund: Eine neu aufgetauchte Spende, ein Hickhack um ein Datum und das komplexe Konstrukt des namensgebenden Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds. Außer Frage hingegen steht: Es gilt die Unschuldsvermutung.

Der Reihe nach: Strache und Grubmüller sind miteinander befreundet, luden sich gegenseitig ein – und sprachen mitunter über den Prikraf bzw. darüber, dass die Privatklinik Währing in dem Fonds gerne vertreten wäre, um gewisse Leistungen direkt mit den Sozialversicherungen verrechnen zu können. Die FPÖ, damals noch in der Opposition, thematisierte diesen „Missstand“ 2017 per Initiativantrag. Der Fonds solle „für alle Privatkliniken“ geöffnet werden, wurde propagiert. Allerdings: Unterschrieben hatte Strache den Antrag, den er „vollinhaltlich“ unterstütze, nicht. „Das wundert mich“, sagte er heute dazu. „Mich auch“, bestätigte Moravec-Loidolt. Wie das sein könne? „Man hat ihn mir wohl nicht vorgelegt“, mutmaßte der 52-Jährige. Verwunderlich.

„Die ÖVP war ein i-Tüpferl-Reiter“

Als die FPÖ im Dezember 2017 in eine Regierung mit der ÖVP eintrat, war das Thema zunächst nicht präsent. „Ich verstehe es nicht: Dann ist man in der Situation, wo man etwas tun kann, warum setzt man sich dann nicht mehr dafür ein?“, fragte die Richterin. Strache nannte das „Realpolitik“. Die ÖVP sei „ein i-Tüpferl-Reiter“: Sie habe den Prikraf erhöhen, aber nicht „für alle öffnen“ wollen. Als Juniorpartner habe man das hingenommen.

Das nächste Wundern löste sodann der freiheitliche Vize-Präsident der Wirtschaftskammer und Co-Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse, Matthias Krenn, aus. Als er aufgerufen wurde, kam er nicht. „Anruf durch die Richterin ergibt: Mailbox. Nachricht wird hinterlassen“, gab Moravec-Loidolt zu Protokoll. Die Schriftführerin fand den Zeugen dann aber doch: „Er gibt Interviews.“ Kurz darauf auch Antworten: 2019 habe ihm Strache zwei SMS geschrieben, wonach er sich mit Grubmüller – nicht dem Unternehmer, sondern dessen Bruder Helmut, der heute als sein Anwalt agiert – unterhalten solle, „er ist ein sehr guter Freund von mir und sehr vermögend“, hieß es. Krenn habe diesen dann zu Julian H. „vermittelt“.

H. wiederum ist Chef der Premiqamed, die mehrere Privatkliniken betreibt, die vom Prikraf profitieren. Zudem ist er Obmann des Fachverbands für Gesundheitsberufe in der Wirtschaftskammer – und wurde heute ebenfalls als Zeuge befragt. Dabei betonte er: Er habe sich nie gegen die Aufnahme der Klinik Währing in den Fonds gewehrt, aber stets betont, dass es dafür die Aufstockung der Fondsmittel und einer Gesetzesänderung bedürfe: „Es ist nicht gerade ein unkomplexes System“, betonte er. Beide Grubmüller sehen das anders: Es sei ganz einfach zu verstehen: H. habe ihnen die Unterschrift unter den Zusatzvertrag verwehrt. H. widersprach.

Neben dem Prikraf geht es in dem Prozess auch um einen Flug Straches von Korfu nach Wien sowie eine Spende an die FPÖ in Höhe von 10.000 Euro. Oberstaatsanwältin Silvia Thaller vermutet dahinter die Gegenleistung für die freiheitlichen Bemühungen für die Privatklinik Währing. Der Flug soll 2018 erfolgt sein, die Spende 2017.

Woher kommen die 2000 Euro?

Strache entgegnete bis dato: Er sei nicht 2018 auf Korfu gewesen, sondern 2016 und damals im Privatjet von Grubmüller zurück nach Wien geflogen – gegen Bezahlung. Pilot L., der auch in der Privatklinik Währing tätig ist, hatte bei seiner Zeugeneinvernahme gemeint, er wisse das Datum nicht mehr genau, es dürfte 2017 oder 2018 gewesen sein. Heute war er sich hingegen sicher: „Es war am 16. August 2016, das steht im Logbuch“, meinte er.

Sicher war sich auch die frühere Buchhalterin der FPÖ-Bundesgeschäftsstelle und zwar darüber, dass die Partei kaum Spenden erhalten habe. Wenn, dann kleine Summen, um die 150 Euro. Grubmüllers Gabe in Höhe von 10.000 Euro sei 2017 daher etwas sehr Besonderes gewesen. Von der Staatsanwaltschaft damit konfrontiert, dass Grubmüller 2016 schon hoch gespendet habe, nämlich 2000 Euro, wunderte sich die Pensionistin: Wenn das so war, sei das sicher dokumentiert. „Mir ist das nicht bekannt“, grätschte Grubmüller ein, „wenn, dann muss ich unter Alkoholeinfluss gestanden sein“, meinte er über den Geldfluss. Auch Strache betonte, davon nichts zu wissen.

Fest steht: Morgen, Donnerstag, wird weiterverhandelt. Und: Die „Presse“ wird ab 9 Uhr live aus dem Wiener Landesgericht für Strafsachen berichten.

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