Fall Leonie

Mädchenmord: Klärung der Todesursache benötigt mehrere Wochen

Trauer um die getötete 13-Jährige
Trauer um die getötete 13-Jährige(c) APA (HERBERT NEUBAUER)
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Mindestens zwei der drei festgenommenen Männer haben die getötete 13-Jährige dem Ermittlungsstand zufolge vergewaltigt. Ein schriftliches Obduktionsgutachten wird erst in acht bis zwölf Wochen erwartet.

Die genaue Klärung der Umstände, die Ende Juni zum gewaltsamen Tod des 13 Jahre alten Mädchens namens Leonie in Wien-Donaustadt geführt haben, wird einige Zeit auf sich warten lassen. Das detaillierte schriftliche Obduktionsgutachten wird in acht bis zwölf Wochen vorliegen, sagte Thomas Vecsey von der Staatsanwaltschaft Wien am Mittwoch.

Dann sollte auch feststehen, welche Mengen an Drogen die 13-Jährige konsumiert hatte bzw. wie viel ihr verabreicht wurde und ob bzw. inwieweit die Substanzen mitkausal für ihr Ableben waren. Das Mädchen soll eine massive Dosis an Ecstasy-Tabletten im Körper gehabt haben, in einer Aussage ist von elf Tabletten die Rede. Auch Heroin soll eine Rolle gespielt haben. Ein toxikologisches Gutachten wird Aufschluss darüber geben.

Ein an den Tatort - ein Grünstreifen vor einer Wohnhausanlage in der Erzherzog-Karl-Straße - gerufener Gerichtsmediziner war an Ort und Stelle bei einer Erstbeschau der Leiche von Ersticken durch Fremdverschulden ausgegangen. Diesen Eindruck gewann der erfahrene Gerichtsmediziner, weil ihm Fingerabdrücke an den Innenseiten der Oberarme und am Hals des Mädchens auffielen. Er bemerkte überdies Kompressionsspuren am Brustkorb der Leiche, die darauf hindeuteten, dass jemand seine Knie gegen den Körper des Mädchens gedrückt haben könnte. Diese Indizien legten den Schluss nahe, dass gegen den Teenager Gewalt ausgeübt wurde.

Treffen am Donaukanal

Im Fall der am letzten Juni-Wochenende getöteten 13-Jährigen hat die Wiener Polizei die letzten Stunden im Leben des Mädchens rekonstruiert: Nach ersten Ermittlungen traf die 13-Jährige am 25. Juni den 16-und den 22-Jährigen am Donaukanal, wo ihr die beiden bereits Ecstasy verabreicht haben sollen. Dann seien die beiden afghanischen Staatsbürger gemeinsam mit dem Mädchen und einem weiteren Landsmann (18) in dessen Wohnung in die Donaustadt gefahren, wohin auch der vierte Verdächtige - ein 23-Jähriger - gekommen sein soll. Dort wurden dem Mädchen weitere Drogen verabreicht. Mindestens zwei der drei Männer haben sie dem Ermittlungsstand zufolge vergewaltigt.

Als die 13-Jährige das Bewusstsein verlor, wurden die Männer nervös. Den Berichten zufolge soll das Herz des Mädchens zu schlagen aufgehört haben. Die Verdächtigen hätten ihr daraufhin Milch und Joghurt eingeflößt und sie unter eine Dusche gehalten. Doch die Unmündige zeigte keine Lebenszeichen mehr. Sie hätten sie daraufhin in einen Teppich gewickelt und das Mädchen auf dem Grünstreifen an einen Baum gelehnt.

Um 6.59 Uhr war bei der Rettung ein Notruf eingegangen. Zeugen hatten die 13-Jährige an dem Baum entdeckt und mit der Reanimation begonnen. Einsatzkräfte übernahmen, die Versuche, die Jugendliche wiederzubeleben, blieben aber erfolglos. Dabei gab sich der 16-Jährige, der nun als Verdächtiger in U-Haft sitzt, als Zeuge aus, der den Notruf gewählt haben will. Ein Polizeispürhund konnte dann später mit Hilfe eines Schuhs des Mädchens die mutmaßliche Tatwohnung ausfindig machen. Unterdessen ging auch ein Bekannter der Afghanen zur Polizei und berichtete, dass ihm der Freund die Geschehnisse in der Wohnung geschildert habe. Danach wurden die drei Männer nach und nach festgenommen.

Klage gegen Republik

Unter den festgenommenen Tatverdächtigen befinden sich Männer, die einen rechtskräftig negativen Asylbescheid erhalten hatten und sich im Tatzeitpunkt nicht mehr im Land befinden hätten dürfen. Der Anwalt der Familie, Florian Höllwarth, der eine Amtshaftungsklage gegen die Republik erwägt, will nun die Akten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) sowie des Bundesverwaltungsgerichts (BvWG) herbeischaffen. Seinen ersten Informationen zufolge hätten die Asylverfahren der Verdächtigen viel zu lange gedauert. Für ihn hätten die Männer "ein Bedrohungsszenario für die Bevölkerung dargestellt" und sie hätten von den Behörden besser überwacht gehört. "Das bin ich der Familie schuldig, dass das Thema nicht unter den Teppich gekehrt wird."

Ein Verdächtiger weiterhin flüchtig

Die Staatsanwaltschaft ermittelt in diesem Zusammenhang derzeit wegen Vergewaltigung mit Todesfolge und Missbrauchs einer wehrlosen Person (§ 205 StGB). Die aus Afghanistan stammenden Tatverdächtigen im Alter von 16, 18 und 23 Jahren befinden sich in U-Haft, nach dem 22 Jahre alten Landsmann und möglichen Mittäter des Trios wird Länder übergreifend gefahndet. Er wird laut einem Zeugen in Italien vermutet.

Der 23-Jährige behauptet, er habe sich in der Nacht auf den 26. Juni gar nicht in der Wohnung des 18-Jährigen befunden und habe mit der Sache nichts zu tun. Vier von ihm als Alibi-Zeugen namhafte gemachte Bekannte haben der Polizei mittlerweile bestätigt, sie hätten die ganze Nacht mit dem 23-Jährigen verbracht und dieser habe die Gruppe nicht verlassen. Am Handy des 23-Jährigen wurde ein offenbar selbst von ihm aufgefundenes Video gefunden, das zeigt, wie er in der gegenständlichen Nacht um 1.36 Uhr über eine Brücke über die Donau fährt.

Der 23-Jährige wird jedoch von einem weiteren Zeugen - einem Bekannten des flüchtigen 22-Jährigen - belastet. Dieser behauptet, er habe vom 22-Jährigen vor dessen Flucht erzählt bekommen, der 16-Jährige habe den 23-Jährigen mit einer Ecstasy-Lieferung in die Wohnung bestellt und der 23-Jährige habe dort ebenfalls das Mädchen missbraucht.

Diese Beweislage müssen nun die Justizbehörden beurteilen. Gesichert dürfte jedenfalls sein, dass der 23-Jährige vor dem Verbringen des Mädchens aus der Wohnung nicht mehr dort, sondern anderorts war. Einer der Verdächtigen hatte ihn belegtermaßen angerufen, nachdem die 13-Jährige das Bewusstsein verloren hatte.

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(APA)

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