Konjunkturprognose

Osteuropas Wirtschaft erholt sich schneller als erwartet

Die Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas  profitieren vom starken Wirtschaftswachstum in den USA und in China, aber auch von den besseren Aussichten für die Eurozone.

Die Wirtschaft in den Ländern Länder Mittel-, Ost-und Südosteuropa erholt sich deutlich rascher als erwartet. Sie profitieren vom starken Wirtschaftswachstum in den USA und in China, aber auch von den besseren Aussichten für die Eurozone. Das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) hat deshalb die Prognose für die Region deutlich nach oben revidiert und rechnet für heuer mit einem BIP-Wachstum von 4,2 Prozent. Ein Haupttreiber ist der private Konsum.

"Trotz der deprimierenden Gesundheitssituation hat die Region im ersten Quartal viel besser abgeschnitten als erwartet, was darauf hindeutet, dass sie sich wirtschaftlich an die Pandemie angepasst hat", erklärte der Hauptautor der WIIW-Sommerprognose, Branimir Jovanovic. Insgesamt hebt das WIIW die BIP-Prognose für 20 von 23 osteuropäischen Ländern an, und zwar um 0,4 Prozentpunkte gegenüber der Prognose vom April.

Das höchste Wirtschaftswachstum der gesamten Region wird heuer der Westbalkan mit durchschnittlich 5,1 Prozent haben, wovon auch österreichische Unternehmen, die dort stark vertreten sind, profitieren werden. An der Spitze steht dabei Serbien mit einem prognostizierten BIP-Zuwachs von 6 Prozent. Bereits Mitte 2021 dürfte das Land somit das BIP-Niveau von vor der Krise erreichen.

"Wir erwarten, dass vor allem der Haushaltskonsum der Hauptwachstumstreiber sein wird", sagte WIIW-Chef Mario Holzner am Mittwoch bei der Präsentation der Prognose. "Mit dem Abklingen der Pandemie sollte er sich stark verbessern, durch angesammelte Ersparnisse, die sich aufgestaut haben, und, wie wir im ersten Quartal gesehen haben, durch unterstützende Bankkredite für den Haushaltskonsum."

Für zusätzliche Dynamik sorgen ausländische Direktinvestitionen, auch von österreichischen Unternehmen. Auch die Aussichten für österreichische Investoren hätten sich also verbessert.

"Der Arbeitsmarkt leidet, und das wird auch noch länger so andauern", sagte Holzner. "Die Beschäftigung ist in den meisten Ländern der Region, die wir untersucht haben, rückläufig." Das sei aber je nach Branche sehr unterschiedlich. In der zweiten Jahreshälfte sollte die Beschäftigung aber steigen und die Arbeitslosigkeit sinken.

Die Inflation dürfte vor allem wegen des weltweiten Anstiegs der Energie- und Lebensmittelpreise stärker ausfallen als bisher erwartet. Die durchschnittliche Inflationsrate in den 23 Ländern lag im Mai bei 4,5 Prozent und damit so hoch wie seit 2015 nicht mehr. "Es wird auch Übertragungseffekte auf 2022 geben, wir glauben aber, dass das transitorisch ist, zumindest kurzfristig, und dass es sich 2023 wieder abschwächen wird", so Holzner.

Zinserhöhungen zu erwarten

Die steigende Inflation werde auch die Zentralbanken zu Zinserhöhungen zwingen, sechs Zentralbanken in der Region hätten 2021 bereits Zinsschritte gesetzt, weitere dürften folgen. "Angesichts der bisher eher symbolischen Zinserhöhungen dürften die Auswirkungen auf die Wirtschafts- oder Kreditaktivität allerdings marginal bleiben", so die Erwartung der Ökonomen. Auch Österreichs Banken in der Region dürften sie kaum spüren.

"Der Tourismus wird sich sicherlich verbessern, höchstwahrscheinlich aber unter dem Niveau vor der Pandemie bleiben", so Holzner. "Länder mit Touristen aus näheren Destinationen, die mit dem Auto anreisen können, werden sicherlich besser abschneiden, wie beispielsweise Kroatien."

Das Hauptrisiko für die wirtschaftliche Erholung Osteuropas sieht das WIIW in einer neuen Corona-Welle im Herbst und in einer möglicherweise verfrühten Budgetkonsolidierung. "Erfahrungen aus anderen Ländern wie Chile und Israel zeigen, dass der Stand der Impfungen eine neue Pandemiewelle nicht verhindern wird können. Aber es ist natürlich die Frage, wie stark diese ausfallen und wie sich das auf die Wirtschaft auswirken wird", sagte Holzner. "Aber wir erwarten in unserer Prognose keine harten Lockdowns mehr." Es könnte also zu einer Verlangsamung der Wirtschaft kommen, "aber nicht unbedingt zu einer Rezession".

Die Verschuldung der Staaten in der Region und die privaten Schulden seien "nicht alarmierend". Es gebe dabei einzelne Ausnahmen wie etwa Montenegro, "das sich ein bisschen übernommen hat mit diesem chinesischen Kredit für den Ausbau seiner Autobahn im Hochgebirge, da zeichnet sich aber eine Lösung ab".

Die Türkei sei relativ gut durch die Krise gekommen, sagte der stellvertretende WIIW-Direktor Richard Grieveson. "Die Türkei war das einzige Land in der Region, das letztes Jahr ein positives Wachstum hatte." Das habe aber viel mit dem hohen Kreditwachstum und der lockeren Geldpolitik zu tun. Aber so ein von Krediten abhängiges Wachstumsmodell sei immer auch mit einem Risiko verbunden, und die Türkei sei stark von der Geldpolitik der USA abhängig.

(APA)

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