Leitartikel

Popanz, Populismus und Paranoia: Im Rausch der Illiberalität

Hungarian PM Orban attends a business conference in Budapest
Hungarian PM Orban attends a business conference in Budapest(c) REUTERS (BERNADETT SZABO)
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Als konservativer Patriot verkleidet, hat Viktor Orbán die Macht in Ungarn monopolisiert. Doch sein Kostüm wird mit jeder Provokation löchriger.

Als Medienschaffender muss man Viktor Orbán in diesen Tagen aus mindestens drei Gründen dankbar sein. Erstens liefert er mit seinen Eskapaden reichlich Füllmaterial zum Stopfen des Sommerlochs in der EU-Berichterstattung. Zweitens setzt er das Geld ungarischer Steuerzahler für Inserate in europäischen Zeitungen ein und leistet damit einen großen Beitrag zur Zerstreuung allfälliger Illusionen über die Haltung Ungarns zur liberalen Demokratie im Allgemeinen und der Europäischen Union im Speziellen. Und zu guter Letzt lädt Orbáns Mitteilungsdrang zu einem Gedankenexperiment ein: Wäre es möglich, dass beispielsweise die Regierung Luxemburgs in den führenden Zeitungen Ungarns Inserate schaltet, um die ungarische Bevölkerung darüber aufzuklären, dass gleichgeschlechtliche Liebe und Kinderschändung nichts miteinander zu tun haben?

Angesichts der Tatsache, dass die Medienlandschaft Ungarns schon vor Jahren zur regierungstreuen Monokultur umgepflügt wurde, können wir uns die Antwort auf diese Frage getrost ersparen. Meinungsfreiheit ist für die Machthaber in Budapest eine Einbahnstraße. Als konservative Patrioten verkleidet, haben Orbán und seine Weggefährten die Macht im Land monopolisiert. Wer nicht buckelt, wird gefügig gemacht – und das betrifft nicht nur Reporter oder Wissenschaftler, sondern mittlerweile auch Richter, die es wagen, ihr Amt als unabhängig zu begreifen und Ungarns Gesetze auf ihre EU-Konformität zu überprüfen.

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