Die Kommission wird ihre Bewertung des Wiederaufbauplans verspätet abschließen, denn es fehlen Maßnahmen gegen Korruption.
Ungarn ist, gemessen an seiner Volkswirtschaft, einer der größten Profiteure des 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbauplanes, auf den sich Staats- und Regierungschefs nach viertägigem Gezerre vor genau einem Jahr geeinigt haben. Mehr als sieben Milliarden Euro an direkten Zahlungen sind aus diesem Topf für das Land reserviert. Sie sollen von 2021 an für drei Jahre das Unionsbudget aufstocken und werden rund vier Prozent der jährlichen ungarischen Wirtschaftsleistung ausmachen.
Doch während alle nationalen Aufbaupläne ohne gröbere Probleme das grüne Licht der Europäischen Kommission erhalten haben, spießt es sich bei diesem ungarischen Dokument, das für den Erhalt der Milliarden Voraussetzung ist, gewaltig. Ein Kommissionsbeamter bestätigte der „Presse“ am Mittwoch, dass die Frist zur inhaltlichen Prüfung und etwaigen Korrektur des Aufbauplanes ziemlich sicher nicht einhaltbar sein wird. Zwischen der Kommission und der ungarischen Regierung wird seit Wochen darüber gestritten, welche Maßnahmen die Regierung zu nehmen gedenkt, um den politisch motivierten Missbrauch der Förderungen zu unterbinden.
Die Kommission verwendet als Grundlage für ihre Einschätzung, ob den Versprechen aus Budapest zu trauen ist, die länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020, welche der Rat der EU zu den nationalen Reform- und Konvergenzprogrammen Ungarns ausgesprochen hat. Solche Empfehlungen erhalten alle EU-Staaten. Sie sind Teil des sogenannten Europäischen Semesters, also jener Bemühung um die Koordination von wirtschaftspolitischen Reformvorhaben, welche die EU als Folge der Eurokrise vor einem Jahrzehnt eingeführt hat.