Meinl Bank erlitt erneut Schlappe vor OGH

Julius Meinl  Foto: Clemens Fabry
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Eine Klägerin kann einen Kaufauftrag über 20.700 Euro rückabwickeln. Der Prospekt für die Zertifikate der Meinl European Land seien irreführend, so das Gericht.

In der Causa um die ehemalige Meinl European Land (MEL, heute Atrium) hat die Meinl Bank erneut eine Niederlage vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) hinnehmen müssen. Dem Höchstgericht zufolge wurde eine Anlegerin, die 2006 MEL-Zertifikate um rund 20.700 Euro erworben hatte, aufgrund der vom Geldhaus genehmigten MEL-Werbebroschüre über die Risikogeneigtheit der Wertpapiere in die Irre geführt, teilten die Meinl Bank und der Anwalt der Anlegerin, Michael Poduschka, am Freitag mit. Die Klägerin kann jetzt den Kaufvertrag rückabwickeln, also die MEL-Zertifikate zurückgeben. Dafür erhält sie den Kaufpreis abzüglich der bereits erfolgten Ausschüttungen.

"Die Anlegerin gewann aus dem Prospekt und den gleichgerichteten Erklärungen ihres Beraters den Eindruck, ein solches Papier sei im Vergleich zu anderen Einzelaktien sicher", heißt es in dem Urteil (8 Ob 25/10z). In der Werbebroschüre, in der auch die Meinl Bank im Impressum aufscheint, wird zum Thema Sicherheit angeführt: "Sichere, breit gestreute Immobilienveranlagung in Zeiten stark schwankender Aktienmärkte, hoher Steuern und niedriger Zinsen."

"Zertifikate statt Aktien"

Die Klägerin hätte die Wertpapiere nicht erworben, wenn sie gewusst hätte, dass es zu einem langfristig stärkeren Kursverfall oder Totalverlust kommen könnte, heißt es in dem Entscheid. Eine gewisse Sorglosigkeit sieht der OGH zwar auch bei der Klägerin, weil sie sich allein auf MEL-Werbebroschüre verlassen habe, allerdings liege diese Sorglosigkeit weit hinter jener der "ursächlichen Fehldarstellung des Wertpapierrisikos im Verkaufsprospekt".

Nach Ansicht von Anwalt Poduschka geht das Höchstgericht in diesem Urteil weiter als im ersten OGH-Urteil in der Causa MEL Ende September: Jetzt kritisiere der OGH, dass die Meinl Bank damit geworben hatte, Aktien zu verkaufen, tatsächlich erhielten die Anleger aber Zertifikate. Auch dieser Irrtum soll zur Anfechtung berechtigen, ist der Anwalt überzeugt. Zudem sei das im Werbefolder angesprochene Verlustrisiko rechtlich irrelevant, weil der Hinweis unter "Technische Daten" versteckt wurde und sich eigentlich auf Osteuropa bezog, so Poduschka.

"Aktienkauf auf Probe"

Eine solche vielfältige Irreführung von Anlegern habe es in Österreich noch nie gegeben, kritisiert der Anlegervertreter. Das Urteil sei "ein weiterer Meilenstein", weil auch die Beweislast umgekehrt sei: Bei mannigfaltiger Irreführung müsste nun die Bank beweisen, dass der Anleger ohne Täuschungen das Wertpapier dennoch gekauft hatte.

Die Meinl Bank ist naturgemäß anderer Meinung: In dieser Allgemeinheit treffe diese Ansicht nicht zu. Meinl-Bank-Vorstand Peter Weinzierl spricht in einer Aussendung erneut von einem fragwürdigen Prinzip "Aktienkauf auf Probe", dem nun durch zwei Urteile des OGH Vorschub geleistet worden sei. Eine Folgewirkung für andere Verfahren sieht die Bank auch diesmal nicht, denn der individuelle Irrtum sei im Einzelfall zu prüfen, betonte das Geldhaus.

(APA)

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