Quergeschrieben

Ein Orden für H.-C. Strache: Sein Dienst an der Republik

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Ohne die Nacht in Ibiza kein Untersuchungsausschuss. Ohne ihn keine Erkenntnis, wie fragil unsere Demokratie ist – und was so alles im Verborgenen vor sich geht.

Genau genommen und ohne jeden Zynismus: Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache, der sich diese Woche im Gerichtssaal wiederfand, gebührt ein weiterer Orden. Nach der Veröffentlichung des Videos von Ibiza steht ihm ein anderer zu. Er hat mit seinem skurrilen Auftritt dort der Republik einen wichtigen Dienst erwiesen.Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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Und zwar deshalb: Ohne Ibiza kein Untersuchungsausschuss, ohne diesen keine wertvollen und nachhaltigen Erkenntnisse. Wir hätten nicht erfahren:

• wie gefährdet unsere Demokratie ist, wo ihre Schwächen sind;
• wie schnell „Demokratie, Rechtsstaat, Friede und sozialer Zusammenhalt unter Druck geraten können“ (Martin Kreutner, Antikorruptionsvolksbegehren);
• wie groß der politische Druck auf Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sein kann (Christina Jilek im U-Ausschuss);
• mit welchen Mitteln politisch unerwünschte Verfahren lahmgelegt werden können;
• dass ein mächtiger Sektionschef im Justizministerium eine Art Schutzfunktion für eine Partei ausüben kann;
• wie überlastet und zerstritten der Justizapparat ist und wie gering das Interesse der Politik, diesen Zustand zu ändern;
• welche Verachtung den wichtigsten Institutionen der Demokratie, dem Verfassungsgericht, dem Parlament, der Justiz, entgegengebracht werden kann. Wohl auch dem Bundespräsidenten, indem man ihn im Zwist zwischen Teilen der Regierung und dem Höchstgericht in eine einmalige Situation gebracht hat. So nach dem Motto: Trau dich doch!

Wir hätten auch nicht bemerkt:
• was 2017 eigentlich mit „Neuem Stil“ gemeint war, nämlich die alten Usancen des Postenschachers, der rein parteipolitischen Personalauswahl, des taktischen Fouls und der Konsensverweigerung zu perfektionieren – hinter der Nebelwand des höchst professionellen Marketings;
• wes Geistes Kinder da in einer Regierung und ihrem Umfeld mit welcher Unverfrorenheit, Überheblichkeit und auch Dummheit am Werk sein können;
• dass sich Spitzenbeamte tatsächlich so verächtlich über ihre Minister äußern können wie Thomas Schmid über Finanzminister Hartwig Löger in einem der veröffentlichen Chats, von der Einstellung dem „Pöbel“ gegenüber ganz zu schweigen. Und dass in Wahrheit Regierungsmitglieder gewissermaßen unter Kuratel ihrer Kabinette gestellt werden, indem sie deren Zusammensetzung aus Mangel an Erfahrung erst gar nicht selbst bestimmen können.

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