Milizen

Die iranische Provinz Irak

Soldaten der schiitischen Haschd-al-Schaabi-Milizen (PMF) in einem Trainingscamp in der Wüste westlich von al-Qayyara im Nordirak.
Soldaten der schiitischen Haschd-al-Schaabi-Milizen (PMF) in einem Trainingscamp in der Wüste westlich von al-Qayyara im Nordirak.Sebastian Backhaus
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Teheran hat im Irak so viel Einfluss wie nie zu vor. Die USA, die ihre Truppen dort stark reduzierten, sind da fast machtlos. Iran-treue Milizen kontrollieren faktisch das Gros des Landes und haben Politik, Militär und Verwaltung infiltriert.

Sadschads linker Arm liegt in einer blauen Binde eng am Körper angelegt. Aus der Bandage ragt das Metallgestänge heraus, das den Knochen stabilisiert. „Ein Heckenschütze hat mich getroffen“, erzählt der 27-Jährige vor einem Glas Wasser mit Minze auf der Dachterrasse der Babylon Shopping Mall in Bagdad. Der Wind oben im Freien macht die Nachmittagshitze von 48 Grad einigermaßen erträglich. Zudem hat man einen atemberaubenden Blick über die Skyline der Acht-Millionen-Hauptstadt mit Villen, Hochhäusern und Palmenhainen.

Sadschad holt sein Handy hervor und zeigt die Bilder jenes verhängnisvollen Tags, als er verwundet wurde. Fotos vom Loch, das die Kugel in den Oberarm riss, und wie er schmerzverzerrt auf einer Bahre liegt. Videos von Menschen, die im Kugelhagel um ihr Leben laufen. Fünf bleiben tot liegen. Das war vor sechs Wochen, als Sadschad mit rund 7000 anderen wieder einmal auf dem Tahrir-Platz gegen das „korrupte Regime der herrschenden Elite im Irak“ auf die Straße ging. Es war die vorerst letzte der Protestveranstaltungen, die seit Oktober 2019 regelmäßig auf dem Platz der Befreiung stattfanden. „Nun ist alles vorbei“, sagt der großgewachsene junge Kerl im lindgrünen T-Shirt. „Alle haben Angst, wieder auf die Straße zu gehen. Wer demonstriert, den erwartet der Tod.“

Überall und jederzeit lauert der Tod.Die Zahlen sprechen für sich: Seit Beginn der Proteste wurden mindestens 600 Demonstranten erschossen. Und es ist nicht nur diese Angst, die die Leute jetzt zurückhält. Es ist die Gefahr, jederzeit und überall aus dem Hinterhalt abgeknallt zu werden. Seit 2019 zählte Iraks Menschenrechtskommission 81 Mordversuche an Journalisten, Aktivisten und Akademikern. 47 überlebten teils schwer verletzt. 34 starben beim Einkaufen oder vor ihrem Haus, darunter Hisham al-Hashimi. Der Sicherheitsexperte und Berater von Premier Mustafa al-Kadhimi wurde erschossen, als er vor seiner Wohnung parkte.

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