Regierung

Die Bruchlinien von Türkis und Grün

Demonstrative Harmonie bei PR-Auftritten, aber steigendes Konfliktpotenzial hinter den Kulissen der Koalition.
Demonstrative Harmonie bei PR-Auftritten, aber steigendes Konfliktpotenzial hinter den Kulissen der Koalition. APA/HELMUT FOHRINGER
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Die Konflikte in der Koalition häufen sich: Grüne Alleingänge im Umweltbereich, der „Fall Leonie“ und eine mögliche Verurteilung des Bundeskanzlers sorgen für Sprengkraft.

Wien. Umweltministerin Leonore Gewessler hat den Spieß umgedreht: Waren bisher die Grünen über Alleingänge von ÖVP-Ministern verärgert, so sorgt Gewesslers Ankündigung, Straßenbauprojekte auf deren Auswirkungen auf das Klima zu überprüfen, für Verstimmung bei der Volkspartei. Im zweiten Jahr der türkis-grünen Koalition zeigt sich jedenfalls: Das „Beste aus beiden Welten“ sorgt in der jeweils anderen Welt für gehöriges Konfliktpotenzial. Es ist keineswegs gesagt, dass die Zusammenarbeit die ganzen fünf Jahre – oder auch nur diesen Herbst – überstehen wird. Das sind die türkis-grünen Bruchlinien:

Justiz

Was passiert, wenn Bundeskanzler Sebastian Kurz tatsächlich wegen falscher Zeugenaussage im Untersuchungsausschuss angeklagt werden sollte? Die Grünen haben sich bisher vor der Beantwortung der Frage gedrückt, wie sie mit einem Kanzler auf der Anklagebank zu verfahren gedenken. Aber: Ein angeklagter Bundeskanzler wird für die Grünen, die sich im Wahlkampf politische Sauberkeit auf die Fahnen geschrieben haben, nur schwer zu argumentieren sein – auch mit der Unschuldsvermutung. Erst recht gilt das für den Fall, dass es zu einer Verurteilung kommen sollte. Möglich ist aber auch, dass in diesem Fall gar nicht die Grünen die Koalition beenden, sondern die ÖVP selbst. Sie könnte die Gelegenheit nutzen und im Fall einer Anklage oder Verurteilung den Wählern die Vertrauensfrage stellen.

Generell sorgt das Kapitel Justiz für Verstimmungen zwischen Türkis und Grün. Während sich die ÖVP auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) einschießt, stärkt die grüne Justizministerin, Alma Zadić, dieser den Rücken – etwa indem sie deren Kritikern, Sektionschef Christian Pilnacek und dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, die Aufsicht über die WKStA entzogen hat. Vor allem die Entmachtung von Pilnacek hat die ÖVP gegen Zadić aufgebracht.

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