Preisbegründung. Nobelpreiskomitee übt trotz Drohungen harsche Kritik an Peking.
[OSLO]Die Nobelpreisjuroren in Oslo ließen sich nicht einschüchtern vom starken Druck aus Peking: Liu Xiaobo werde für seinen langen und gewaltfreien Kampf für zentrale Menschenrechte geehrt, sagte der Vorsitzende des Nobelpreiskomitees, Thorbjörn Jagland, und übte scharfe Kritik an den demokratischen Missständen im Reich der Mitte. „China bricht internationale Abkommen, die das Land unterschrieben hat, und auch die eigenen Bestimmungen über politische Rechte.“
Der Artikel 35 der Verfassung sichere den Bürgern Rede-, Presse-, Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit. „In der Praxis hat es sich gezeigt, dass diese Freiheiten klar begrenzt sind.“ Viele Chinesen, in China und im Exil, kämpften dafür, dass die universellen Menschenrechte auch in ihrem Land gelten. Liu sei durch zwei Jahrzehnte das vorrangige Symbol für diesen Kampf geworden, strich Jagland hervor.
Liu sitzt hinter Gittern und wird an der Preisvergabe am 10. Dezember nicht teilnehmen können. Nobelpreisdirektor Geir Lundestad war schon im Vorfeld von der chinesischen Vizeaußenministerin Fu Ying gewarnt worden, den Nobelpreis an einen Dissidenten zu vergeben. Auch auf Außenminister Jonas Gahr Støre versuchten chinesische Vertreter, Druck auszuüben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2010)