Leitartikel

Das eigene Nationalteam sollte nie ein politischer Gegner sein

Englands Spieler gehen auf die Knie
Englands Spieler gehen auf die KnieAPA/AFP/POOL/NEIL HALL
  • Drucken

Die rassistischen Beleidigungen für Englands Elfmeter-Pechvögel legen tiefe gesellschaftliche Risse offen. Der Fußball allein kann das Problem nicht lösen.

Nach 51 Spielen hinterlassen die Fußball-Europameisterschaften einen würdigen Sieger (Italien) und einen überaus bitteren Nachgeschmack. Denn kaum hatten die Engländer Marcus Rashford, Jadon Sancho und Bukayo Saka ihre Elfmeter verschossen, ergossen sich rassistische Beleidigungen über ihre Social-Media-Profile. Über 1000 ausfällige Beiträge löschte allein Twitter in den nachfolgenden Stunden und sperrte einige Konten, das Ausmaß des in Affen-Emojis verpackten Hasses vermochte die Plattform damit allerdings ebenso wie andere kaum einzudämmen. Das hässliche Gesicht des Fußballs, es erscheint heutzutage seltener als glatzköpfiger Hooligan wie vor einigen Jahrzehnten, sondern versteckt sich hinter Akronymen im Internet. Das Rassismus-Problem aber ist das alte geblieben. Zumal gerade Wettbewerbe zwischen Nationalteams weit mehr als rein Fußball-Begeisterte bewegen, hier spielen auch Nationalismus und Patriotismus mit.

Englands Teamchef, Gareth Southgate, hat diese gesamtgesellschaftliche Komplexität erkannt – und geht das Thema seit seinem Amtsantritt 2016 ungewöhnlich offensiv an. Während angefangen vom Weltverband Fifa abwärts die Verantwortung abseits des unmittelbaren Geschehens auf dem Rasen gern abgewiegelt wird, hat Southgate sich und seine Mannschaft zu einem Sprachrohr der Gesellschaft erklärt. Er habe nie daran geglaubt, schrieb er vor der EM in einem offenen Brief an „Dear England“, dass es für ihn und seine Spieler nur um Fußball gehe. Die Bekanntheit, die Bühne biete nicht nur die Chance, sondern sogar die Verpflichtung, soziale Missstände anzusprechen. „Ich weiß, dass meine Stimme zählt. Nicht wegen meiner Person, sondern meiner Position“, heißt es darin.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.