Weiterbildung: Lernen mit allen Sinnen

Lernen allen Sinnen
(c) EPA (Mick Tsikas)
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Kreativ lernen. Nicht jedem fällt es leicht, nach lernfreien Jahren wieder viel Neue sauf einmal aufzunehmen. Was tun? Das Wifi implementiert das Prinzip "Lena".

„Sich selbstbestimmt weiterzuentwickeln wird zunehmend zu einer Schlüsselqualifikation“, sagt Michael Landertshammer, Leiter des Wirtschaftsförderungsinstituts (Wifi) Österreich. Auch eine vom Hernstein Institut 2008 durchgeführte Praxisforschung zum Lernverhalten von Führungskräften ergab: „Mitarbeiter sind aufgefordert, stärker als in der Vergangenheit Verantwortung für ihr eigenes Lernen zu übernehmen, ihre eigene Kompetenzbiografie bewusst zu gestalten und Sorge dafür zu tragen, dass ihre Attraktivität für den Arbeitsmarkt erhalten bleibt.“

 

Innere Motivation

Was man heute aus der Lernforschung weiß: Am effizientesten ist das Lernen mit allen Sinnen. Lesen, verbildlichen, aufschreiben, hören, wiederholen. Das Wifi implementiert daher derzeit für alle Weiterbildungsangebote das Prinzip „Lena“. „Lebendig und nachhaltig“, erklärt Landertshammer die Abkürzung, und damit die Stoßrichtung. „Alle Trainer müssen unterschiedliche Lernmethoden beherrschen.“ Der Erfolg bestehe dann darin, als Vortragender auf den Einzelnen zuzugehen, die unterschiedlichen Lerntypen auch unterschiedlich anzusprechen. „Was sicher nicht funktioniert: Lernen, ohne sich dabei anzustrengen“, betont Landertshammer. Ohne das eigene Mittun wird nichts bewegt. Motor hinter dem erfolgreichen Lernen ist daher Motivation, wird auch im Hernstein Institut betont. „Ein entscheidender Faktor dafür, dass wir etwas lernen, ist, dass wir es lernen wollen“, so Institutsleiterin Katharina Lichtmannegger. Die innere Beteiligung ist eine Grundvoraussetzung. „Sobald positive Emotionen freigesetzt werden, ist der Lernschritt schon eingeleitet.“

Lernen passiert immer und überall, betont die Sozialpädagogin Elisabeth Wisiak vom Berufsfördungsinstitut (bfi). „Wir lernen Namen von Menschen, die wir kennenlernen, die Sonderangebote im Supermarkt, die Funktionen eines neuen Handys oder die wichtigsten Nachrichten, die uns die Fernsehsprecherin erzählt. Das Lernen dieser Inhalte erscheint uns selbstverständlich und fällt uns in der Regel auch nicht besonders schwer. Wenn wir aber vorgegebene, von anderen festgelegte Inhalte lernen sollen, erscheint uns das oft schwierig, manchmal sogar aussichtslos.“
Auch Wisiak stellt die Motivation als primären Erfolgsfaktor vor. Motivation bedingt dabei zwei Dinge: ein klares Ziel, das auch realistisch erreicht werden kann (zum Beispiel dadurch, dass der Lernstoff in überschaubare Portionen geteilt wird und ausreichend Zeit da ist, um diese zu lernen), und eine Belohnung, die man nach dem erfolgreichen Lernen erhält. „Die Belohnung sollte möglichst viel wert sein. Der Wert besteht in der Regel aus zusätzlichem Wissen, das nachher verwendet werden kann. Es lohnt sich also, nach Anwendungsbeispielen des Lernstoffs zu suchen.“

Wie das Wifi bietet auch das bfi konkrete Kurse und Seminare, in denen das richtige Lernen vorgestellt wird. Wichtig ist, dass man sich zu Beginn einem der vier Lerntypen zuordnet. Der visuelle Bildtyp kann sich beispielsweise Stoff am besten merken, wenn er die Information als Bild veranschaulicht hat. Der visuelle Lesetyp merkt sich Dinge am besten, wenn er die Information schriftlich vor sich liegen hat. Der akustische Typ merkt sich am besten gehörte Information – entweder als Vortrag, als Lern-CD, oder indem er sich selbst den schriftlichen Lernstoff vorliest. Der fühlende Typ schließlich kann sich Stoff am besten merken, wenn er die Information möglichst konkret begreifen kann, etwa durch praktisches Ausprobieren. Die meisten Menschen sind visuelle Bildtypen, so Wisiak, sie können also am besten bildhafte Informationen aufnehmen. Entsprechend dem Lerntyp gilt es dann die Lernunterlagen aufzubereiten.

Und: Knackpunkt beim erfolgreichen Lernen ist auch die Abwechslung. So wie Bildungsangebote heute eben nicht mehr nur Frontalunterricht beinhalten, sollte auch das individuelle Lernen vielfältig erfolgen. So sagt Ursula della Schiava-Winkler von der Academy4socialskills, dass die spontane Merkfähigkeit von nur Gelesenem bei zehn Prozent liegt. Nur Gehörtes merkt man sich zu 20 Prozent, nur Gesehenes zu 30 Prozent, Gehörtes und Gesehenes zu 50 Prozent, worüber man redet, zu 70 Prozent, und was man tut, zu 90 Prozent. Die Academy4socialskills bietet ebenfalls Coaching und Seminare zum Thema „Lernen lernen“ an – erstellt darüber hinaus aber auch für Kunden Onlinekursprogramme. Hier wird vor allem auf E-Learning gesetzt und crossmedial gearbeitet. Ein Schwerpunkt kommt dabei dem Lesen zu (siehe Kasten). Denn rationelles Lesen bedeutet nicht nur, Wissen aufzunehmen, sondern auch, einen Überblick zu gewinnen, Fragen zu stellen, zu rekapitulieren und zu wiederholen.

 

Zeitmanagement

Zeitmanagement ist einer der Begriffe, denen man bei erfolgreichem Lernen immer wieder begegnet. Je größer der Stoff ist und je knapper die Zeit – etwa, wenn berufsbegleitend gelernt werden muss –, desto wichtiger ist die richtige Einteilung. Also raten die Experten: verteiltes Lernen während des Semesters – das bedeutet auch deutlich weniger Stress vor den Prüfungen. Empfohlen werden zudem Lerneinheiten von eineinhalb Stunden, Pausen zwischen den Lerneinheiten und: sich jeweils selbst einen individuellen Lernplan zu erstellen. Den idealen Lernplan für jeden gibt es nicht. Veranstaltungsangebote wie „Persönliche Arbeitstechniken“, „Selbstmanagement und Selbstorganisation“ oder „Zeit- und Stressmanagement“ können dabei helfen, tragfähige Lernstrukturen zu erarbeiten. In 20 bis 40Einheiten werden die Teilnehmer hier angeleitet, sich das angestrebte Fachwissen leichter anzueignen.

Mitzulernen ist das eine, die konkrete Prüfungsvorbereitung das andere. Schiava-Winkler empfiehlt: nicht lernen bis knapp vor dem Termin, denn: „Büffeln bis zuletzt verkrampft nur.“ Studien hätten zudem gezeigt: Wer sich kurz vor dem Test mit leichter Unterhaltung ablenkt – etwa durch Meditation, dadurch, Kreuzworträtsel zu lösen, klassische Musik zu hören, eine Talkshow anzuschauen –, dessen Leistungsfähigkeit ist in der Prüfungssituation dann höher. Vorbedingung: Der Stoff muss bis dahin bereits gut beherrscht werden. Gespräche mit Freunden oder Fachbuchlektüre ist unmittelbar vor einer Prüfung dagegen nicht anzuraten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2010)


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