Hätte der WDR vor den Unwettern in Deutschland warnen müssen?

Unwetter in Nordrhein-Westfalen
Unwetter in Nordrhein-Westfalen(c) APA/dpar (Markus Klümper)
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Obwohl sich die Lage in Westdeutschland zuspitzte, unterbrach der örtliche öffentlich-rechtliche Sender sein Programm nicht. Der Branchendienst dwdl.de nennt das "unterlassene Hilfeleistung".

Der Westdeutsche Rundfunk steht wegen seiner Berichterstattung aus Nordrhein-Westfalens Unwetterregionen in der Kritik. Der WDR hatte in der Nacht zum Donnerstag sein Programm im Fernsehen und auf der Hauptwelle WDR2 nicht mit aktuellen Warnungen unterbrochen, obwohl sich die Lage gefährlich zuspitzte. Erst nach 1 Uhr nachts wurde ein Laufband mit aktuellen Informationen geschalten.

In sozialen Netzwerken mehrten sich Vorwürfe gegen den örtlichen öffentlich-rechtlichen Sender. Der WDR kündigte für Donnerstag "Sondersendungen im Radio und Fernsehen zu Auswirkungen des Unwetters in NRW" an.

Der Sender teilte am Donnerstag mit: "In der Nacht hat der WDR im Netz auf WDR.de und bei WDRaktuell zur Situation in Wuppertal, Euskirchen und Rhein-Sieg-Kreis aktualisierte Infos gepostet und alle 30 Minuten monothematische Sonderausgaben der Radio-Nachrichten auf allen Wellen gesendet." Beim Jugendsender 1Live sei das Thema die ganze Nacht lang mit Beiträgen in der jungen Nacht der ARD für ganz Deutschland begleitet worden. "Die ARD Nacht-Programme, wie die ARD Info Nacht, wurden aus dem WDR Newsroom mit Informationen versorgt."

"Dienst nach Vorschrift"

Heftige Kritik am WDR kommt vom einflussreichen Branchendienst dwdl.de. Dessen Chefredakteur Thomas Lückerath wirft dem Sender "unterlassene Hilfeleistung" vor: "Wenn der finanziell großzügig ausgestattete öffentlich-rechtliche Rundfunk wie hier im Falle des WDR es in akuten Krisensituationen nicht schafft, ein verlässliches Informationsangebot für das Sendegebiet zu liefern, was wohl unbestritten zur Kernaufgabe gehört, dann wird bei all den Sparbemühungen der Häuser, an den falschen Stellen gespart.“

Statt aktueller Information habe es beim Haussender des deutschen Bundeslandes im „laufenden Programm, egal ob Fernsehen oder Radio,  Dienst nach Vorschrift“ gegeben. dwdl.de wirft dem WDR vor, nicht aus der Vergangenheit gelernt zu haben: Bei Unwettern 201, die mehrere Menschen das Leben kosteten, habe der Sender ebenfalls nicht gewarnt. Nach Kritik u.a. vom Meteorologen Jörg Kachelmann habe man damals Besserung gelobt. 

Kritik auch an der ARD

Der frühere Leiter und Chefredakteur des ARD-Hauptstadtstudios Berlin, Ulrich Deppendorf, wandte sich mit seiner Kritik an die ARD: "Die schwersten Unwetter in Deutschland und im Ersten der ARD gibt es keinen Brennpunkt! Ist das die neue 'Informations-Offensive' der neuen ARD-Programmdirektion? So beschädigt man die Informationskompetenz der ARD."

Ein ARD-Sprecher entgegnete, man habe am Mittwoch "ausführlich in den Nachrichtensendungen und in den non-linearen Formaten der 'Tagesschau' über das Unwetter/Hochwasser berichtet". Auch für den Donnerstag "verlängerte "Tagesschau"-Ausgaben um 12 und 15 Uhr" sowie ein "Brennpunkt" am Abend geplant.

Sendung auf Phoenix entfallen

Die schweren Unwetter haben unterdessen das Programm des Fernsehsenders Phoenix beeinträchtigt. So sei am Donnerstagmorgen die Frühsendung entfallen, weil einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht in den Sender gelangen konnten, teilte Phoenix mit. Zudem seien einige Übertragungsleitungen ausgefallen. Auch eine für die Mittagszeit geplante Sendung vor Ort fiel demnach aus. Der Sender rechnete damit, am Nachmittag wieder live senden zu können.

>> Kommentar auf dwdl.de

(APA/dpa)

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