"Fit for 55"

EU-Klimapläne benachteiligen exportstarke Branchen

THEMENBILD-PAKET: VOEST / EISEN / STAHL / INDUSTRIE
THEMENBILD-PAKET: VOEST / EISEN / STAHL / INDUSTRIE(c) BARBARA GINDL / APA / picturedesk.com (BARBARA GINDL)
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Der geplante CO2-Grenzausgleich bringt viel bürokratischen Aufwand für Importeure. Die Stahlindustrie wäre besonders betroffen.

Am Donnerstag vor zwei Jahren wurde Ursula von der Leyen vom Europäischen Parlament zur Kommissionspräsidentin gewählt. Die EU solle internationaler Vorreiter sein im Kampf gegen die Klimakrise, wird sie seither nicht müde zu betonen. Der am Mittwoch von der Kommission präsentierte Pfad, wie die Union ihre Klimaziele erreichen will, wird auch erheblichen Einfluss auf den österreichischen Wirtschaftsstandort haben.

In einigen Industriezweigen dürften die Klimaschutzvorgaben künftig deutlich verschärft werden. Die neue Strategie, die als Steuerelement künftig noch stärker auf die Bepreisung von CO2 setzen wird, könne zum Wettbewerbsnachteil werden, warnen Kritiker. Zwar sei der neue Kommissionsvorschlag zur legislativen Umsetzung des Green Deals grundsätzlich zu begrüßen, sagt Umweltökonomin Heike Lehner vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria, an einigen Punkten müsse aber noch nachgeschärft werden: „Das Problem ist, dass die Produktion innerhalb der EU in jedem Fall teurer wird.“ Im globalen Wettbewerb mit den USA und China könnte das einigen Konzernen auf den Kopf fallen.

Kein Grenzausgleich für Ausfuhren

Abhilfe soll hier ein CO2-Grenzausgleich schaffen. Der Kommissionsvorschlag sieht vor, dass für Produkte, die nicht in der EU hergestellt wurden und in die Union eingeführt werden, Importeure die CO2-Kosten quasi nachbezahlen müssen. Damit gäbe es keinen Anreiz mehr, Produkte nur deswegen im EU-Ausland zu erwerben, weil diese dort aufgrund fehlender CO2-Preise günstiger sind. Dadurch würden aber auch Einfuhren aus dem Ausland teurer werden, so Lehner: „Besonders betroffen wären jene Unternehmen, die viel ins EU-Ausland exportieren.“

Anders als bei der Einfuhr gibt es bei der Ausfuhr keinen Grenzausgleich. Während bei Importen so der Wettbewerbsnachteil wettgemacht wird, passiert dies für Exporteure nicht. „Für exportstarke Länder, Branchen und Unternehmen wird es damit eine klare Benachteiligung geben“, so Lehner.

Administrativer Aufwand bei Importen

Ein weiteres Problem sind die zusätzlichen bürokratischen Aufgaben, die durch das neue CO2-Grenzausgleichsystem auf die Importeure zukommen. „Die neue Regelung bedeutet für Importeure einen erheblichen administrativen Mehraufwand“, sagt Steuerrechtsexpertin Katharina Kubik von der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer. „Die Emissionen der betroffenen Importgüter müssen nach einer komplexen Formel unter strenger Aufsicht der EU-Kommission und nationalen Zollbehörden selbst berechnet und erklärt werden.“ Bei Verfehlungen drohen erhebliche Sanktionen.

Der neue Grenzausgleich soll künftig für Importe von Stahl, Eisen, Zement, Strom, Aluminium und Düngemittel aus Drittstaaten gelten. Betroffen davon wäre etwa auch die Voest, die einer der größten Stahlkonzerne der Welt ist und knapp 40 Prozent ihres Umsatzes im Nicht-EU-Ausland macht. Zum Vorschlag der EU-Kommission wollte sich die Voest auf Nachfrage der „Presse“ nicht äußern, verwies aber auf die schrittweise Dekarbonisierung ihrer Stahlproduktion. Bis 2030 will der Stahlkonzern seine Emissionen durch den Umstieg auf Elektrolichtbogen-Technologie um ein Drittel reduzieren.

Die Teilnahme am CO2-Grenzausgleich ist ohnehin an das steuerliche Wohlverhalten der Importeure geknüpft, erklärt Steuerrechtsexpertin Kubik. Steuer- oder Zollvergehen in der Vergangenheit könnten dazu führen, dass ein Unternehmen von der Teilnahme am CO2-Grenzausgleich insgesamt ausgeschlossen wird. „Das kann einem Importverbot gleichkommen und sollte aus Gründen der Verhältnismäßigkeit kritisch hinterfragt werden“, so Kubik.

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