Nachhilfe

„Schüler merken die Lücken“

Persönlicher Kontakt motiviert nach den langen Lockdowns – wenn die Chemie stimmt.
Persönlicher Kontakt motiviert nach den langen Lockdowns – wenn die Chemie stimmt.Getty Images
  • Drucken

Schülern, die in den Ferien lernen, geht es heuer nicht nur um das Verbessern von Noten. Sie wollen damit Lücken schließen, die sich im Zuge des Distance Learning gebildet haben.

Die Ferien haben erst kürzlich begonnen, doch das Thema Lernen ist nach wie vor für viele Kinder präsent. „In der Pandemie haben mehr Schüler Nachhilfe in Anspruch genommen – vor allem die Inanspruchnahme kostenloser Angebote etwa an Volkshochschulen oder durch Nachbarn, ist um einiges gestiegen“, sagt Elke Larcher, Bildungsexpertin der Arbeiterkammer. Etwas weniger als in den Jahren davor sei hingegen bezahlte Nachhilfe in Anspruch genommen worden, wie eine Studie der AK, für die mehr als 1035 Eltern von rund 1700 Schulkindern befragt wurden, zeige.

Weniger Nachprüfungen

Insgesamt bekamen 27 Prozent der Kinder der Befragten kostenlose Nachhilfe, in den beiden Jahren davor waren es dagegen nur jeweils 13 Prozent. Leicht gesunken ist dagegen der Anteil jener, die bezahlte Nachhilfe (etwa bei Nachhilfeinstituten, Studenten oder Lehrern) in Anspruch nahmen – und zwar von 17 auf 15 Prozent. Insgesamt stieg damit der Anteil von Schülern mit Nachhilfe von 29 Prozent auf 37 Prozent.

Dabei habe sich eine deutliche Veränderung gezeigt: „Nachhilfe wird massiv deshalb in Anspruch genommen, um während des Distance Learning Versäumtes oder nicht Verstandenes zu lernen“, sagt Larcher. Eine Erkenntnis, die Angela Schmidt, Sprecherin von Lernquadrat, teilt: „Die Schüler waren doch sehr viel auf sich allein gestellt und merken jetzt, dass Lücken da sind, die geschlossen werden sollten.“ Irmela Kühnelt, Leiterin des IFL-Instituts für Lernhilfe Steiermark/Kärnten, hat hingegen weniger den Eindruck, dass vor allem Versäumtes nachgeholt werde. „Ich finde nicht, dass das so schon nachhaltig ins Bewusstsein von Eltern und Schülern gerückt ist“, sagt Kühnelt.

Aktuell sei, anders als im abgeschlossenen Schuljahr, der Bedarf an konkreter Nachhilfe für Nachprüfungen noch nicht so gegeben, meinen Schmidt und Kühnelt. Als Grund dafür nennen beide die Tatsache, dass es im Herbst heuer kaum Nachprüfungen gebe.

Versäumtes nachholen können Schüler mit mangelnden Deutschkenntnissen oder Schüler bis zur neunten Schulstufe übrigens auch heuer wieder im Rahmen der Sommerschule. Deren Angebot wurde nach Angaben des Bildungsministeriums nun auf die Unterrichtsgegenstände Deutsch, Mathematik und Sachunterricht in der Primarstufe beziehungsweise Deutsch und Mathematik in der Sekundarstufe Allgemeinbildung ausgeweitet. Noten gibt es in der Sommerschule keine, die Teilnahme fließt allerdings, ganz wie in der „normalen“ Schule, in die Bewertung der Mitarbeit ein.

Empfehlungen einholen

Doch ob kostenpflichtig oder kostenlos – was für den Lernerfolg und dadurch auch schlussendlich für die Familienzufriedenheit zählt, ist die Qualität der Nachhilfe. Doch wie können Eltern und Schüler aus dem vielfältigen Angebot das beste für den Sprössling herausfiltern? „Am besten durch Mundpropaganda“, heißt es dazu unisono. Ein ausführliches Beratungsgespräch beim infrage kommenden Anbieter trägt ebenfalls dazu bei, sich besser kennenzulernen. Dabei können Eltern sehr wohl auch nach den Qualifikationen der Lehrenden fragen, während diese herausfiltern, was der jeweilige Schüler konkret am meisten braucht.

Versäumtes nachholen

Ein weiteres Indiz sei, sagt Kühnelt, auf jeden Fall die Gruppengröße. „Ideal sind maximal vier bis fünf Teilnehmer“, sagt sie. Wichtig sei weiters deren Homogenität. Zu starke Unterschiede im Leistungsniveau würden sich fast immer negativ auswirken. Doch auch die Unterrichtenden können während des Beratungsgesprächs künftigen Nachhilfeschülern auf den Zahn fühlen: „Gemeinsam mit den Schülern versuchen wir herauszufinden, was sie können, was sie können sollten und warum es in der Schule nicht klappt“, beschreibt Schmidt. Denn das könne sowohl an der Schule als auch dem dortigen Lehrenden oder der Motivation liegen.

Die Dauer der Lerneinheiten sollte ebenfalls vor dem Einschreiben geklärt werden, können diese doch zwischen 45 und 100 Minuten liegen. Ebenfalls zu klären ist, ob es eine Bindungsfrist gibt. Nicht zuletzt sei, sagt Kühnelt, die Atmosphäre wichtig. „Es geht um ein wertschätzendes Miteinander und ein Wohlgefühl“, sagt die Leiterin des IFL-Instituts für Lernhilfe Steiermark/Kärnten. Ein Argument, das auch Schmidt betont: „Ohne Beziehungsaufbau funktioniert das Lernen nicht. Bei uns kann man in einer Schnupperstunde prüfen, ob die Chemie wirklich stimmt.“

Apropos Beziehungsaufbau: Es habe sich gezeigt, dass die meisten Schüler den Präsenzunterricht dem Onlinebetrieb durchaus vorziehen würden, berichtet Schmidt. Sowohl das Lernquadrat als auch das IFL-Institut bieten künftig allerdings beides an. „So sind wir für alle und alles gerüstet“, meinen die beiden.

PASSENDE NACHHILFE

Qualitätsmerkmale sind: kleine Gruppen mit maximal vier bis fünf Teilnehmenden, Homogenität in der Gruppe, wertschätzendes Miteinander, Schnupperstunde. Ein ausführliches Beratungsgespräch beim infrage kommenden Anbieter hilft, sich besser kennenzulernen: die Qualifikationen der Lehrenden ebenso wie die Bedürfnisse der Schüler. Die Dauer der Lerneinheiten und eine etwaige Bindungsfrist sollten vor dem Einschreiben geklärt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2021)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.