Die Festspiele von Cannes endeten mit einem Durcheinander bei der Preisverleihung: Jurypräsident Spike Lee plauderte den Siegerfilm vorzeitig aus. Der Hauptpreis ging an die Französin Julia Ducournau für ihr unklassifizierbares Düsterdrama „Titane“. Sie ist erst die zweite Goldpalmensiegerin in der Festivalgeschichte.
Für eine Weile hatte man in Cannes am Samstagabend das Gefühl, einem Zusammenbruch unser verknöcherten Medienwirklichkeit beizuwohnen: Gleich zu Beginn des Wettbewerbs-Verleihungsreigens, der sich traditionell die Preisleiter bis zur Haupttrophäe hocharbeitet, verplapperte sich Jurypräsident Spike Lee (der sichtlich Schwierigkeiten hatte, die Siegertitel auf den Kärtchen zu entziffern) – und verkündete den Gewinner in etwa eine halbe Stunde zu früh. Was den Fauxpas selbst im Vergleich zu berühmten Verkündungsfehlern (wie der temporären Siegerverwechslung am Ende der Oscars 2017) faszinierend machte, war, dass er den Rest der Gala in eine Wackelpartie verwandelte: Obwohl Moderation, Jury und Publikum sich redlich bemühten, die Ordnung zu wahren und gute Miene zur Spannungsimplosion zu machen, dauerte es bis zum Schluss, bis das ungewohnt lebhafte Durcheinander halbwegs abflaute. Im direkten Anschluss verglich sich Lee selbstironisch mit „dem Typen, der am Ende des Spiels den Freiwurf versemmelt.“