Unwetter

Hallein im Schlamm, Zivil­schutz­alarm an der Ybbs, Donaupegel in Krems steigt

Erste Aufräumarbeiten in Hallein.
Erste Aufräumarbeiten in Hallein. APA/BARBARA GINDL
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Der Starkregen hat die Einsatzkräfte in mehreren Bundesländern stark gefordert. In Hallein bleibt der noch in der Nacht ausgerufene Zivilschutzalarm aufrecht, in Kufstein wurde er aufgehoben.

Nachdem eine Starkregenfront in weiten Teilen Salzburgs in der Nacht auf Sonntag für Hochwasser und Erdrutsche gesorgt hat, gab es am Sonntag in Westösterreich einen Rückgang der Pegelstände, erste Aufräumarbeiten standen am Programm der Tausenden Einsatzkräfte im ganzen Land. In Ostösterreich erreichten die Pegel der großen Flüsse hingegen erst ihren mutmaßlichen Höchststand - im Bezirk Krems erreichte die Donau die Hochwasseralarmstufe, doch vorerst ohne große Gefahr für die Bevölkerung. Der Zivilschutzalarm in der Stadt Hallein, wo am Samstag die Altstadt überflutet worden war, blieb aufrecht. Es wurde in Teilen des Landes weitere starke Regenfälle erwartet.

Aufräumarbeiten in Tirol
Aufräumarbeiten in Tirol(c) APA/ZEITUNGSFOTO.AT/DANIEL LIEBL (ZEITUNGSFOTO.AT/DANIEL LIEBL)

Kothbach überflutete Halleiner Altstadt

In Hallein verwandelte sich am Samstag der Kothbach in einen reißenden Fluss. Ein abgestellter Pkw wurde mitgerissen, das Wasser drang in mehrere Gebäude ein. Für Bewohner, die zunächst nicht in ihre Häuser konnten, wurde ein Notquartier eingerichtet. Wie hoch die Schäden in der Altstadt sind, ist momentan noch nicht abschätzbar.

Der Kothbach zog sich am Sonntag zwar in den Bachlauf zurück, doch in den Straßen der Keltenstadt hinterließ er Schlamm und Verwüstung. In den engen Gassen war das Wasser teils meterhoch gestanden. Feuerwehrleute und Freiwillige schaufelten Schlamm, Äste und Schwemmgut aus den Eingängen der Häuser in den betroffenen Straßen. Vor einer Bar lagen dicke Äste und Autoteile.

Trotz der reißenden Wassermassen, die auch durch Häuser geflossen waren, konnten alle Personen in Sicherheit gebracht werden. Derzeit gibt es keine Meldungen von verletzten oder vermissten Personen. Doch die Situation blieb am Sonntag angespannt. Eine Siedlung im Halleiner Ortsteil Gamp musste evakuiert werden, weil eine Stützmauer einzustürzen drohte.

Starkregen hinterließ in Hallein ein Bild der Verwüstung.
Starkregen hinterließ in Hallein ein Bild der Verwüstung.(c) APA/PRIVAT/SCREENSHOT (SCREENSHOT)

Pegel im Bundeslandsalzburg gehen zurück

Nachdem am Sonntagnachmittag die intensiven Regenschauer in Salzburg nachgelassen haben, haben sich auch die Pegelstände an der Salzach stabilisiert. Wie der hydrografische Landesdienst mitteilte, stieg der Pegel im Oberlauf von Wald bis Bruck nicht mehr weiter und auch zwischen Golling und Oberndorf sank seit Mittag der Wasserstand.

Die Saalach zeigte ebenfalls von Weißbach bis Siezenheim durchgehend eine rückläufige Tendenz. Doch laut Wetterprognose ist noch immer punktuell vom Wolfgangsee über Hintersee und Abtenau bis nach Lofer mit kräftigen Regenschauern zu rechnen. Erst in der Nacht auf Montag kommt es laut Prognose der ZAMG zu einer Wetterberuhigung.

Auch in Zell am See wurde am frühen Sonntagabend aufgrund der Hochwasser führenden Salzach und der stark steigenden Pegel im Rückhaltebecken Zivilschutzalarm ausgelöst. Die Bevölkerung wurde von der Bezirkshauptmannschaft aufgefordert, in den Häusern zu bleiben, Tiefgaragen und Keller nicht zu betreten und sich auch von den Dämmen der Fließgewässer fernzuhalten.

Bis zu 2300 Feuerwehrleute waren in der Nacht und am Sonntag im Einsatz, berichtete das Land Salzburg. Experten des Katastrophenschutzes schätzten die Lage mit Überflügen aus der Luft ein, wo dies möglich war. Das Bundesheer war mit einem Erkundungstrupp vor Ort und entsandte Soldaten für einen Assistenzeinsatz nach Hallein.

In Mittersill war die Brücke nach wie vor angehoben und eine Umfahrung eingerichtet. Die Pinzgauer Lokalbahn bei Uttendorf sowie die ÖBB-Strecke zwischen Bruck und Zell am See und der Zugverkehr zwischen Taxenbach und Lend, Golling und Werfen waren gesperrt, ebenso die Felbertauernstraße und die Salzachuferstraße in Bruck.

In der Kürsingerhütte in Neukirchen waren 35 Personen aufgrund eines Murenabgangs eingeschlossen, aber nicht in Gefahr. Sie sollten geborgen werden. Wildbachverbauungen und -sperren hatten ihre Funktion erfüllt und noch größere Schäden verhindert.

In Pfarrwerfen (Pongau) wurde ein Haus wegen instabilen Hanges evakuiert, sieben Personen wurden in Sicherheit gebracht. Das Trinkwasser in Kuchl war verunreinigt, weil Schmutzwasser ins Quellschutzgebiet eingedrungen war.

Hochwasseralarm an der Donau

Der Pegel der Donau hat am Sonntagnachmittag im Bezirk Krems die Hochwasseralarmstufe erreicht. Am Vormittag betrug der Stand bei der Messstelle Kienstock laut den Wasserstandsnachrichten des Landes Niederösterreich 750 Zentimeter. Bereits am Vormittag war die Warnstufe erreicht worden.

Trotz der Alarmstufe bestehe derzeit keine Gefahr für die Bevölkerung an der Donau, teilte die Feuerwehr Krems auf ihrer Internet-Seite mit. Die Alarmierung erfolge plangemäß ab einem gewissen Wasserstand und lege die Schritte fest, die seitens der Behörden und der Feuerwehr gesetzt werden müssen. Dazu zähle etwa der Aufbau eines Hochwasserschutzes und die Sperrung von Treppelwegen.

Am frühen Sonntagnachmittag hat Starkregen zahlreiche Feuerwehreinsätze im Bezirk Amstetten ausgelöst. In Ferschnitz und Neuhofen wurde Zivilschutzalarm ausgelöst, bestätigte die Landeswarnzentrale einen Bericht des ORF (online). Beide Gemeinden liegen an der Ybbs. Laut Landeswarnzentrale seien beide Orte vom Hochwasser umschlossen, Bäche und kleinere Flüsse über die Ufer getreten.

Die Einwohner der betroffenen Orte wurden aufgerufen, in den oberen Stockwerken zu bleiben. Auch die Gemeinden Euratsfeld, Winklarn und Aschbach seien laut Feuerwehr besonders stark vom Hochwasser betroffen. In Aschbach wurde der Zivilschutz-Voralarm ausgelöst. Am späten Nachmittag waren 62 Feuerwehren im Bezirk Amstetten zu rund 300 Einsätzen ausgerückt. Auch zahlreiche Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Laut Bezirks-Alarmzentrale war dabei auch ein Hubschrauber im Einsatz.

Im Lauf des Nachmittags habe sich laut Feuerwehrsprecher Franz Resperger auch die Situation im Bezirk Melk verschärft. Hier kämpften 63 Feuerwehren gegen überflutete Straßen und Gebäude. Insgesamt waren am späten Sonntagnachmittag rund 600 Feuerwehreinsätze in ganz Niederösterreich zu verzeichnen. Drei Viertel davon seien akute Unwetter-Einsätze, der Rest vorbereitende Maßnahmen zum Hochwasserschutz, so Resperger.

Verwüstung auch in Tirol, vorerst Entwarnung

In Tirol wird nach den starken Regenfällen am Wochenende nun eine Entspannung erwartet, die Niederschläge sollen im Lauf des Nachmittages aufhören. Die Einsatzkräfte waren seit Samstagabend stark gefordert: Die Leitstelle verzeichnete 536 Feuerwehreinsätze. Kufstein war dabei ein absoluter Hotspot, knapp die Hälfte der Ausrückungen mussten dort absolviert werden. In der Stadt Kufstein begannen indes nach den Überschwemmungen die Aufräumarbeiten, berichtete das Land.

450 Feuerwehrleute waren dabei, die Schäden des Hochwassers in der zweitgrößten Stadt Tirols aufzuräumen. Dies dürfte sich aber noch über die nächsten Tage ziehen, hieß es. Unterstützt wurden sie von Katastrophenzügen aus den Bezirken Innsbruck-Land und Schwaz. Die Schadenshöhe lasse sich noch nicht beziffern. Es wurde niemand verletzt.

Innenstadt unter Wasser „wie wir noch nie erlebt haben"

In Kufstein wurde in der Nacht auf Sonntag gegen Mitternacht der Zivilschutzalarm aktiviert, der jedoch in den Morgenstunden wieder zurückgenommen werden konnte. Bürgermeister Martin Krumschnabel berichtete am Vormittag, dass die Innenstadt unter Wasser stehe, "wie wir es noch nie erlebt haben". Zahlreiche Keller und Tiefgaragen standen unter Wasser, Bäche mussten abgepumpt und Verklausungen beseitigt werden. In Kufstein waren es die Zulaufbäche des Inns, die über die Ufer traten. Nun werden im Raum des Kufsteiner Stadtbergs und in den Einzugsbereichen der Bäche geologische Untersuchungen fortgesetzt.

Im Nordalpenraum und am Alpenhauptkamm in Osttirol war es zu einer "deutlichen Hochwasserentwicklung" gekommen, so das Land. "Die Niederschlagsmengen von 90 bis 130 Millimeter mit Spitzen bis 190 Millimeter führten an der Brixentaler Ache samt Kelchsauer Ache, Kitzbüheler Ache und Tauernbach heute Nacht zu Hochwasserscheiteln im Bereich eines 30-jährlichen Hochwassers. Der Ziller erreichte heute Mittag am Pegel Hart ebenfalls einen Höchststand im Bereich eines 30-jährlichen Hochwassers", hieß es. Weil die Wasserstände derzeit rückläufig seien, sei nicht von einer Verschärfung auszugehen - obwohl die Pegel noch einmal kurzzeitig ansteigen könnten.

Kelchsau nicht erreichbar, Straßen gesperrt

Im Bezirk Kitzbühel war nach wie vor die Gemeinde Kelchsau nicht erreichbar. 80 auswärtige Gäste eines Fests wurden aber bereits evakuiert. Die Kelchsauer Landesstraße wurde zum Teil von der Kelchsauer Ache weggerissen und ist nicht befahrbar. Daher werde am nördlichen Ortsende an der Errichtung einer Ersatzbrücke gearbeitet. Die Dauer der Arbeiten können noch nicht abgeschätzt werden. Eine Lagebeurteilung sei derzeit nicht möglich. Auch in Söll (Bezirk Kufstein) wurden 16 Personen vorsichtshalber wegen der Gefahr eines Hangrutsches evakuiert. In vielen weiteren Ortschaften in den Bezirken Kitzbühel und Kufstein war es zu Vermurungen und Überflutungen gekommen.

Im Bezirk Schwaz wurde die Achenseestraße (L 181) nach einem Murenabgang gesperrt und war nach wie vor nicht befahrbar. Am Nachmittag waren außerdem die Felbertauernstraße (L 108), Gerlosstraße ab Gerlos (L 165), die Eibergbundesstraße (L 173) und die Zufahrtsstraße nach Hinterriss auf deutscher Seite gesperrt. Die Gerlosstraße soll spätestens am Montag um 6 Uhr wieder geöffnet werden. Der ÖAMTC berichtete indes, dass es aufgrund der Vermurungen und wegen des Reiseverkehrs zu deutlichen Verzögerungen und Staus auf Tirols Straßen kommt. Besonders betroffen war die Fernpassstraße in beide Richtungen und die Inntalautobahn (A 12) zwischen Wörgl und der deutschen Grenze.

Bahnstrecke Brixental unterbrochen

Außerdem war die Bahnstrecke in Richtung Brixental weiterhin unterbrochen. Zwischen Wörgl und Schwarzach-St.Veit sowie zwischen Mittenwald und Scharnitz wurde laut ÖBB ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Von Garmisch-Partenkirchen zur Ehrwald Zugspitzbahn war am Nachmittag weder Zug- noch Schienenersatzverkehr möglich. Grundsätzlich wurde empfohlen, auf nicht notwendige Reisen in die betroffenen Gebiete zu verzichten bzw. sich vor Fahrtantritt über die Lage zu informieren.

Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) und LHStv. Josef Geisler zeigten sich über die Schäden in Kufstein und der Murenabgänge in Tirol bestürzt. Die Betroffenen würden finanzielle Hilfe aus dem Katastrophenfonds erhalten. Eine Beihilfe von 50 Prozent des geschätzten Schadens werde gewährt. Über die Schadenshöhe war noch nichts bekannt. Es würden nach wie vor örtliche Vermurungen und Straßensperren gemeldet, hieß es am frühen Nachmittag. "Wir möchten an dieser Stelle allen Betroffenen unsere Unterstützung zusichern und sind gleichzeitig erleichtert, dass bislang kein Mensch zu Schaden gekommen ist", hieß es von Platter, Felipe und Geisler. Außerdem bedankten sie sich bei den Einsatzkräften.

Auch im gesamten Wiener Stadtgebiet haben die starken Regenfälle seit dem frühen Samstagvormittag zu Dauereinsätzen der Berufsfeuerwehr geführt - mehr als 1200 an der Zahl, hieß es am Sonntag.

Kurz und Kogler sagen Hilfe aus Katastrophenfonds zu

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) haben den Geschädigten des Hochwassers Hilfe aus dem Katastrophenfonds zugesagt. "Die Bilder aus Teilen Österreichs und besonders aus Hallein oder dem Tiroler Unterland machen betroffen und schockiert. Wir werden als Bundesregierung alles in unserer Macht Stehende tun, um den Betroffenen vor Ort zu helfen", so Kurz in einem Statement am Sonntagvormittag.

"Die dafür notwendigen Mittel werden aus dem Katastrophenfonds des Finanzministeriums kommen, das haben wir den Ländern bereits zugesichert. Ich danke den Einsatzkräften und allen freiwilligen Helfern für ihren Einsatz für unsere Mitbürger", so Kurz.

"Seit Stunden wüten extreme Unwetter in vielen Regionen Österreichs. Allen Menschen in den Krisengebieten, den Betroffenen und den Einsatzkräften, wünsche ich viel Kraft und passen Sie auf sich und einander auf. Ein besonderer Dank den Einsatzkräften, den vielen Freiwilligen, die jetzt schon Schlimmeres verhindern und die notwendigste Hilfe leisten konnten. Die Unwetter haben schon jetzt große Schäden hinterlassen und wir als Bundesregierung werden gemeinsam mit den Bundesländern die betroffenen Gemeinden und geschädigten Haushalte beim Wiederaufbau unterstützen", unterstrich Kogler.

(APA/Red. )

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