Quergeschrieben

Die Sprachpolizei (w), dein Freund (m) und Helfer (m)

Die Frage nach jemandes Wurzeln gilt als rassistisch. Erstaunlicherweise ist die mehr oder minder unverblümte Frage nach der sexuellen Identität nicht verpönt.

Eine der besten Ö1-Kulturjournalistinnen sagte unlängst über eine österreichische Malerin: „Ihre Protagonistinnen sind fast ausschließlich weiblich.“ Das freilich ist Unsinn, denn Protagonistinnen sind notabene immer weiblich. Männliche Protagonistinnen gibt es nicht, wohl aber weibliche Protagonisten. Ja, so kompliziert ist die deutsche Grammatik und offenbar so unergründlich der Unterschied zwischen Genus und Sexus. Wobei die Sache ja an sich recht einfach wäre: Genus bezeichnet Art, Gattung und Klasse, Sexus das biologische Geschlecht. Der Apfel ist nicht männlich, die Birne nicht weiblich, die Leiche wiederum kann männlich, weiblich oder auch divers sein. Die Sprachpolizei (w), dein Freund (m) und Helfer (m).

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Dass Sprache Wirklichkeit schafft und deren gendersensibler Gebrauch folglich ein Zauberschlüssel zur Gleichberechtigung ist, bezeichnete Konrad Paul Liessmann schon vor vielen vielen Jahren als Illusion: „Ich kann arme Menschen noch so lange Millionäre nennen, davon werden sie nicht reich.“ Tatsächlich ist die Türkei kein Musterland der Emanzipation, bloß weil Substantive im Türkischen kein grammatikalisches Geschlecht haben. Die Niederlande wiederum, die vor 20 Jahren als erstes Land der Welt die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert haben und 2020 im Gender Equality Index 6,2 Punkte über dem EU-Durchschnitt lagen, verwenden das generische Maskulinum, obwohl eine Verweiblichung – ähnlich wie im Deutschen – durchaus möglich wäre. Lufthanseln und AUA-Hennen wiederum eliminieren – rechtzeitig zur postcoronal wiedererwachten Reiselust – geschlechtsspezifische Höflichkeitsfloskeln wie „Sehr geehrte Damen und Herren“ aus den Flugzeugkabinen, um begrüßungsmäßig niemanden zu exkludieren.

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