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Grüne Schelte und Unterstützung für Finanzminister Blümel

20210719 119. Parliamentary Session of the XXVII. Legislative Period - Special session VIENNA, AUSTRIA - JULY 19: State
20210719 119. Parliamentary Session of the XXVII. Legislative Period - Special session VIENNA, AUSTRIA - JULY 19: Stateimago images/SEPA.Media
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Gernot Blümel übersteht den nächsten Misstrauensantrag, der Koalitionspartner geht aber auf Distanz.

Wien. „Ich verstehe den Ärger über Gernot Blümel.“ „Die letzten Monate waren beschämend, sie haben den Untersuchungsausschuss an der Nase herumgeführt.“ „Sie haben dem U-Ausschuss nicht Steine, sondern Felsbrocken in den Weg gelegt.“ „Ein grüner Minister hätte schon längst die Konsequenzen gezogen.“

So sprechen nicht Oppositionsabgeordnete über den Finanzminister, sondern der eigene Koalitionspartner. Nina Tomaselli und David Stögmüller, die grünen Abgeordneten im Untersuchungsausschuss, agieren bei der Sondersitzung des Nationalrats am Montag, wie man es von der Opposition gewohnt ist. Mit einer Ausnahme: Bei den Abstimmungen halten sie sich sehr wohl an die Zwänge einer Koalition. Den Misstrauensantrag gegen Blümel lehnen die Grünen ebenso ab wie eine Verlängerung des Untersuchungsausschusses.

Einberufen haben die Sitzung SPÖ und Freiheitliche gemeinsam, Anlass ist die Exekution des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Dieser Vorgang sei einzigartig, sagt Kai Jan Krainer, der Fraktionsführer der SPÖ im U-Ausschuss. „Wie soll das Parlament Ihnen vertrauen“, so die rhetorische Frage von Krainer an Blümel. Tausende Akten habe der Minister dem Parlament verheimlicht. Und da sei es nicht wie von Blümel angeführt darum gegangen, die Mitarbeiter des Ministeriums zu schützen, sondern „die türkise Familie“. Durch das Nicht-Liefern habe man beispielsweise die Verhandlungen um Steuerbegünstigungen für Privatstiftungen verheimlichen wollen, so Krainer. Und da sei es um Begünstigungen für Spender der ÖVP gegangen.

Kein Zugriff auf E-Mails

Blümel argumentiert sein Vorgehen anders: Als Dienstgeber könne er nicht auf E-Mail-Accounts der Mitarbeiter zugreifen. Sein Ressort habe den U-Ausschuss vollumfänglich unterstützt, vier Gutachten hätten seine Vorgangsweise bei der Aktenlieferung bestätigt. Und die Opposition solle sich bei den Mitarbeitern des Finanzministeriums für den Vorwurf entschuldigen, dem U-Ausschuss Akten vorenthalten zu haben. Das wiederum bringt ihm den Vorwurf von SPÖ-Abgeordneten Christoph Matznetter ein, die Mitarbeiter des Finanzministeriums als „lebende Schutzschilder“ zu benutzen. „Es waren nicht die Beamten und Vertragsbediensteten, sondern Sie, Ihr Kabinett und die Führung, die das gemacht haben“, so Matznetter an die Adresse Blümels, dem er empfahl, „sich zu schämen und keine Vorwürfe zu machen“.

Der türkise Fraktionsführer im U-Ausschuss, Andreas Hanger, wirft seinerseits der Opposition vor, zu skandalisieren und eine „Märchenstunde“ abzuhalten. Es gebe noch kein einziges E-Mail, das von Blümel nicht an den U-Ausschuss geliefert worden sei. Und die Stiftungsbesteuerung? „Es war immer klar, dass es keinen politischen Willen gibt, da etwas zu ändern.“

Die ÖVP bleibt allein mit ihrer Verteidigung des Finanzministers, auch FPÖ und Neos üben heftige Kritik an der fehlenden Aktenlieferung. Der Misstrauensantrag gegen Blümel bleibt aber erwartungsgemäß in der Minderheit.

Anfangsverdacht wird geprüft

In der Causa Benko/Kika-Leiner prüft die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nun, ob ein Anfangsverdacht vorliegt. Die Geschichte selbst ist schon länger bekannt: Es geht um den Verdacht, dass Thomas Schmid, damals Generalsekretär im Finanzministerium, das Bundesrechenzentrum veranlasst habe, einen Konkursantrag gegen Kika/Leiner zurückzuhalten, damit Verhandlungen über eine Übernahme des Unternehmens durch den Investor René Benko noch durchgeführt werden können. Das Onlinemedium Zackzack hat nun eine Chat-Nachricht von Schmids Nachfolger Dietmar Schuster veröffentlicht: „Vom Berg Athos hast du die Zustellung des Insolvenzantrags von Kika/Leiner durch das BRZ gebremst! Cool!!!“ Ob es tatsächlich einen Eingriff gegeben hat, ist nicht geklärt, das Bundesrechenzentrum bestreitet das. Und die damalige Kika/Leiner-Anwältin dementiert, dass es überhaupt einen Konkursantrag gegeben habe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2021)

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