Morgenglosse

Verbale Attacke bei realer Verhaltensstarre

Umweltministerin Gewessler
Umweltministerin Gewesslerimago images/SEPA.Media
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Ist es fair, wenn nur einem Koalitionspartner das Regieren manchmal wehtut? Nein, finden die Grünen.

Er streite lieber über Straßen, als über Schulen, meinte Michael Häupl damals bei der Premiere der rot-grüne Koalition in Wien launig. Später zeigte sich, dass er nur halbrichtig lag. Denn erstens hatte er unterschätzt, wie sehr Verkehr aufregt – kaum ein anderes politisches Thema ist im Alltag konkreter „erfahrbar“. Und zweitens hatte  er die Grünen nicht ganz richtig eingeschätzt: So loyal der kleine Koalitionspartner war, beim  Kernthema wurde gekämpft. Denn Maria Vassilakou wusste: Hier geht's schlicht um die Daseinsberechtigung der Öko-Partei.

Das sollte die ÖVP im jetzigen Konflikt mit den Grünen bedenken. Denn es ist das eine, wenn sich seit Bekanntwerden der Evaluierung der Straßenbauprojekte türkise Politiker vom Kanzler abwärts auf die Umweltministerin einschießen. Für Kritik und harte verbale Attacken, mit denen die ÖVP ihren Landespolitikern Unterstützung signalisiert, hatte man bei auch den Grünen wohl ein gewisses Verständnis. Schließlich formulierten auch sie sehr scharf, als Finanzminister mit der Aktenlieferung trödelte oder der Kanzler die Staatsanwaltschaft angriff (Stichwort: „gestörtes Verhältnis zur Justiz“). ,

Aber wenn es auf hart auf hart ging, also zum Abstimmen kam, haben die Grünen – wenn auch mit „Bauchweh“, wie es gerne hieß - gehalten. Man könnte das „verbale Attacke bei realer Verhaltensstarre“ nennen. Oder es so wie die Grünen formulieren: Regieren tut halt manchmal ein bisschen weh.

Insofern gab es die  Erwartung, dass auch die ÖVP ein paar Schmerzen aushält. Und insofern erklärt sich, warum die Grünen so vor den Kopf gestoßen waren, als eine Vorarlberger Bundesrätin einem Antrag der Opposition auf einen Evaluierungstopp der Asfinag-Projekte zu einer Mehrheit verhalf. Woraufhin die Grünen offenbar verlangten und dann auch durchsetzten, dass ÖVP und Grüne (gemeinsam) für eine Evaluierung der S 18 (Bodenseeumfahrungsstraße) stimmten.

Kleinlich? Vielleicht. Aber unabhängig davon, ob die Evaluierung des Projekts sinnvoll ist oder nicht, sollte der ÖVP die Sache eine Lehre sein. Bei seinen Kernthemen versteht der Junior einfach keinen Spaß.

Und Maria Vassilakou hat zwar damals (noch) nicht den Lobautunnel verhindert, aber dafür die autofreie Mariahilfer Straße bekommen.

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