Neubau: Die letzte Grün-Bastion

Neubau wahrscheinlich letzte GruenBastion
Neubau wahrscheinlich letzte GruenBastion(c) Clemens Fabry
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Bis zu fünf Bezirke wollten die Grünen ursprünglich bei der Wahl erobern. Doch nun wird Thomas Blimlinger wohl der einzige Grüne Bezirkschef bleiben.

Wien. „Nicht berauschend“, so kommentiert Thomas Blimlinger, der Bezirksvorsteher im Siebenten, das wienweite Abschneiden der Grünen. Man könnte es auch anders formulieren:  Einer statt fünf.
Noch vor dem Sommer rechneten  sich die Grünen in fünf Bezirken Chancen aus, nach Wien-Neubau und der Josefstadt wollte man auch in Mariahilf, Wieden und im Alsergrund reüssieren. Doch dann kamen die Streitereien, die Spaltungen im 6. und im Grün regierten 8. Bezirk  – und am Tag nach der Wahl bleibt wohl nur Thomas Blimlinger übrig. Der erste Grüne Bezirkschef von Wien (-Neubau) ist wahrscheinlich auch der letzte. Zumindest bis zur nächsten Wahl. Der Streit in den Bezirken hat aber nicht nur Bezirksvorsteher-Posten gekostet, er hat auch das Image der Landespartei geschädigt. Der Abstieg von knapp 15 auf über 12,3 Prozent hat auch mit dem C-Wort zu tun, das wieder die Runde machte: „Chaostruppe“. Da half auch der „Sascha-Effekt“, die  – warum auch immer – fast unterspielte Kandidatur von Alexander Van der Bellen, nicht.


Thomas Blimlinger ist damit der letzte Vorzeige-Realo, der seit 2001 zeigt, wie es aussieht, wenn Grüne regieren: nämlich eh ziemlich normal. Blimlinger konnte seine bequeme Mehrheit sogar dezent um 0,45 Prozent ausbauen: auf 43,71 Prozent.


Und das obwohl die Bezirks-SPÖ Blimlinger gezielt attackierte. Wie? Sie agierte jünger, „grüner“. Blimlinger gilt als Pragmatiker, der auch gern seine Landespartei analysiert und Dinge sagt wie: „Die Grünen leben zu sehr in der Vergangenheit, bestimmte alternative Milieus gibt es nicht mehr.“ Oder: „Regieren würde den Grünen guttun. Es bringt mehr Realismus.“ Oder auch: „Die Grünen nehmen alles viel zu persönlich.“ Und tatsächlich: Hinter dem Streit zwischen dem Josefstädter Bezirksvorsteher Heribert Radhjian und seiner  Stellvertreterin, hinter dem Ärger der Mariahilfer Bezirksräte über die Kandidatur der prominenteren Susanne Jerusalem und auch hinter dem Wechsel von Bundesrat Stefan Schennach zur SPÖ steckt wohl viel an persönlicher Kränkung. Aber auch an mangelnder Kommunikation: „Für die Landespartei sind die Bezirksparteien erst wichtig, wenn Wahlen sind“, sagt Blimlinger.
Doch die Eingriffsmöglichkeiten der Landespartei sind beschränkt. Wobei die Parteispitze vor der Wahl zumindest Diskussionen über vorsichtige Reformen angekündigt hat.
Vorher wird aber über anderes debattiert werden: Rot-Grün auf Landesebene. „An sich bin ich dafür“, sagt Blimlinger, „aber nicht ohne Bedingungen.“

("Die Presse" Printausgabe vom 11. 10. 2010)

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