Schreibwettbewerb "Mischa"

„Mobilität – Immer in Bewegung“

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Aufgrund der zahlreichen Einsendungen hat sich die Jury beim diesjährigen Mischa - Schreibwettbewerb für Schülerinnen und Schüler dazu entschieden, zwei Gewinnertexte zu prämieren. Überzeugen konnten die 17-jährige Schülerin Dana Junghans (HLW Rankweil, Vorarlberg) mit ihrem Kommentar „Flügel aus Eisen und Stahl“ und der 20-jährige Schüler William Šťastný (Österreichisches Gymnasium Prag) mit seinem Beitrag „Wie sollte aus deiner Sicht die Mobilität der Zukunft aussehen?“.

Flügel aus Eisen und Stahl
Artikel von Dana Junghans (HLW Rankweil, Vorarlberg)

Es gibt eine alte griechische Sage. Sie handelt von einem jungen Mann, der mit Hilfe wächserner Flügel das Fliegen meisterte – zumindest kurzfristig, denn er kam der Sonne zu nahe, seine Flügel schmolzen und er stürzte in die Tiefen des Ozeans. Die Lehre der Geschichte? – Übermut kommt vor dem Fall. Doch warum wollte besagter Grieche überhaupt fliegen? Es ging ihm um Freiheit – oder besser gesagt: räumliche Mobilität.

Tatsächlich ist räumliche Mobilität essenziell für das Überleben eines Menschen, denn sie beschreibt die körperliche Bewegungsfreiheit. Der Homo Sapiens ist nicht darauf ausgelegt, Fotosynthese zu betreiben – außer ihm wachsen Wurzeln und Blätter, was aus evolutionstheoretischer Sicht allerdings stark zu bezweifeln ist. Aber nicht nur die Fortbewegung zu Fuß ist im Konzept der räumlichen Mobilität inkludiert, sondern sie umfasst auch jegliche Transporthilfen wie z. B. – um an obige Sage anzuknüpfen – die wächsernen Flügel des Ikarus oder die über eine Milliarde Autos, die in der Weltgeschichte unterwegs sind.

Man könnte also behaupten, dass dank der Industrialisierung seit dem 19. Jahrhundert die Menschheit heute so mobil ist wie nie zuvor. Autos, Züge und Schiffe verfrachten einen, fast schon in Sekundenschnelle, von A nach B. Und damit ist das Ende der Transportmöglichkeiten des 21. Jahrhunderts noch nicht erreicht. Denn der Mensch hat mindestens ein weiteres Ass im Ärmel: Flugzeuge – Flügel aus Eisen und Stahl. Sie ermöglichen, ein Territorium in Anspruch zu nehmen, für das der Mensch nie gedacht war: den Luftraum. Mit dieser Errungenschaft ist Mobilität sogar noch einfacher als zuvor. Man kauft sich ein Ticket, setzt sich in den nächstbesten Flieger und schon sitzt man – allem Hochgebirge und Weltmeer zu Trotz – innerhalb weniger Stunden auf einer mehr oder weniger verlassenen Insel.

Mobilität. Für Ikarus bedeutet sie Freiheit. Doch was bedeutet sie für uns? Tatsächlich hat Fliegen aktuell für viele nur noch wenig mit diesem Gefühl der Ungebundenheit zu tun. Gerade „Berufsflieger“ wissen wovon hier die Rede ist: man quetscht sich auf einen viel zu kleinen Sitz mit einem viel zu engen Gurt. Das Gefühl der Freiheit bleibt aus. Wie kompensiert der Mensch dieses unerfüllte Sehnen nach Freiheit? Er baut, auf der Suche nach dem Glücksgefühl, das Ikarus damals verspürte, Maschinen, die immer höher und weiter kommen – bis zum Mond und darüber hinaus. Doch das Gefühl der Freiheit bleibt weiterhin aus.

Was wäre, wenn man einen evolutionstechnischen Schritt zurückgehen würde? Wenn man auf dem Boden bleiben würde? Nur vom Fliegen träumen würde?

Mutter Natur würde es einem danken, denn ohne Flugzeuge fallen schließlich die dabei ausgestoßenen Treibhausgase weg. Die Menschheit wird aber so oder so eher früher als später an ihre Grenzen stoßen. Sie hat nämlich in ihrem Weiterentwicklungswahn eine wichtige Sache vergessen: auch Flügel aus Eisen und Stahl schmelzen, wenn sie der Sonne zu nahekommen.

Wie sollte aus deiner Sicht die Mobilität der Zukunft aussehen?
Artikel von William Šťastný (Österreichisches Gymnasium Prag)

Mobilität ist ein breites Themengebiet. Aber nicht für jeden von uns ist es selbstverständlich, sich frei zu bewegen. Im Laufe der Jahrhunderte gab es viele Innovationen wie Rollstühle, Prothesen und Rehabilitationsverfahren. Dies ermöglichte es jenen Menschen, deren körperliche Fähigkeiten eingeschränkt sind, ein mobileres Leben zu führen. Dies werden jedoch nicht die letzten Innovationen in diesem Bereich sein, und ich glaube, dass es durch die Verwendung von Stammzellen oder anderen wissenschaftlichen Entdeckungen möglich sein wird, die Mobilität für Menschen mit Beeinträchtigungen in Zukunft vollständig wiederherzustellen.

Dies mag zu optimistisch erscheinen. Wissenschaftlich ist es aber erwiesen, dass Stammzellen in der Lage sind, beschädigtes Gewebe wiederherzustellen und zu reparieren. Dies schließt auch die Nerven ein und könnte weitreichende Folgen haben. So könnte eine Person, deren Rückenmark etwa aufgrund eines Unfalls beschädigt wurde und daher die Arme oder Beine nicht mehr bewegen kann, möglicherweise wieder die volle Kontrolle über die Gliedmaßen erlangen.

Das derzeit größte Problem, mit dem die Stammzellforschung kämpft, ist die Debatte über die Ethik. Ist es ethisch vertretbar, einem künstlichen Embryo ein Leben zu nehmen, um das Leben eines anderen Menschen zu retten oder zu verbessern? Ich denke, dass Menschen mit Behinderungen eine Chance auf ein normales Leben verdienen, wenn sie dies wünschen. Daher denke ich, dass die Stammzellforschung und ihre Verwendung als Heilsubstanz das nächste goldene Zeitalter der Medizin einleiten werden.

Aber was ist mit Menschen, die Gliedmaßen verloren haben? Die Wissenschaft kann uns immer überraschen. Denken wir zurück an das neunzehnte Jahrhundert. Wer hätte sich damals vorstellen können, dass Transplantationen ein so wichtiger Bestandteil der Medizin werden würden? Heutzutage können wir vieles transplantieren – Organe wie Gliedmaßen. Bisher wurde jedoch noch keine Möglichkeit gefunden, einen Arm oder ein Bein künstlich nachwachsen zu lassen. Während dies für uns noch im Bereich der Science-Fiction liegt, sehen unsere Prothesen zunehmend aus wie aus Star Wars. Die Innovationen in diesem Bereich haben vielen Menschen mit Missbildungen oder fehlenden Gliedmaßen das Leben erheblich erleichtert.

Womit wir heute zu kämpfen haben, könnte die Wissenschaft von morgen zum Kinderspiel machen. Die ethische Debatte hat bereits zu lange gedauert und wir sollten vorankommen, damit die Wissenschaft der Menschheit weiterhin helfen kann. Daher halte ich weitere Investitionen in die Stammzellforschung und die prothetische Entwicklung für erforderlich. Bevor diese Technologien verfügbar sein werden, sollten wir uns jedoch alle bemühen, das Leben von Menschen mit geringerer Mobilität so schön und zugänglich wie möglich zu gestalten. Viele der betroffenen Menschen mussten schon oft ihre Stärke beweisen und haben mehr aushalten müssen, als wir uns vorstellen können. Deshalb sollten wir versuchen, die Welt für sie zu einem besseren Ort zu machen.

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