Expedition Europa

Ein Sommertag in Kiew

Panoramablick über Kiew im Morgenlicht.
Panoramablick über Kiew im Morgenlicht.(c) imago images/Ukrinform (Yevhen Kotenko via www.imago-images.de)
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Eine Bodentafel im Park mit QR-Code, eine japanische Kirschbaumallee und ein Quallenmuseum: Spaziergang durch die Hauptstadt der Ukraine.

Diese Reportage handelt von einem Sommertag in Kiew, an dem sich nichts ereignet, außer dass bei mir Jugenderinnerungen hochkommen. Kiew war „meine Stadt“, ab 2002 kam ich zwölf Sommer in Folge hierher, am liebsten einige Wochen lang, mindestens aber einen Tag. Am Anfang gab es nur kleine Geschäfte ohne Selbstbedienung, in und um Fußgänger-Unterführungen boten Bauern Fleisch feil, dann fielen auf einmal Supermärkte herab, und die Brachen zwischen den Plattenbaumassiven wurden fieberschubartig mit wuchtigen Wohntürmen gefüllt. Seit Krieg ist, komme ich immer nur kurz nach Kiew.

Ich beginne den Spaziergang am linken Ufer, im jungen, flachen, geschichtslosen Kiew. Hier verkroch ich mich winters in den engen niedrigen „Chruschtschowkas“. In Russland lässt die Regierung diese Sechzigerjahrhäuser abreißen, mir kamen sie kuschelig und warm vor. Ich wandere von der Metrostation „Die Linksufrige“ in Richtung Dnjepr. Die Sowjetmacht ließ die Uferstreifen unberührt, nun geben mir zwei blaue dreißigstöckige Türme und Kiews höchste Kirche Orientierung. An der Rückseite eines neuen Einkaufszentrums steigt eine gelbgrüne Wolke auf, eine Brigade wettergegerbter Stadtgärtner mäht mit ratternden Handgeräten das hüfthohe Unkraut. Um 14.59 Uhr machen sie die Oberkörper frei und stecken sich Slims an, um 15 Uhr ziehen sie tschickend und tratschend ab. Alles klar, denke ich – und tue ihnen Unrecht.

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