Wien, 28. Juli 1871. Nichts Schmerzlicheres für die in Oesterreich heraufgestiegene föderalistisch-ultramontane Reaction, als die geographische Lage Oesterreich im Herzen des meistcultivierten Erdtheiles!
Ja, läge unser Vaterland im Innern Asiens oder auch nur ausschließlich an der unteren Donau, und wohnten nicht in demselben Angehörige civilisierter Nationen – wie hübsch, wie ungeniert ließe sich da Reaction machen! Die Welt würde von den Gräueln höchstens hie und da durch einen Reisenden erfahren, und dieser würde mit einem: „Preußischer Aufschneider“ abgethan.
Aber der liebe Gott hat die Donau in Deutschland entspringen lassen, und Rudolph von Habsburg hat gar das Verbrechen begangen, ein Deutscher zu sein und ein deutsches Ostreich zu gründen, und solange in Oesterreich noch wahrheitsliebende Federn existiren, deren Sprache auswärts verstanden wird, so lange unterstehen alle politischen und socialen Vorgänge in unserem Reiche der von der öffentlichen Meinung Europas geübten Controle. Doch jenes Paradies, in welchem die Reaction sich „splitternackt, daß man jegliche Rippe ihr zählt“, tummeln kann, ohne von der sittlichen Entrüstung des Erdtheiles molestirt zu werden, wird auch heute nicht vergebens auf der Karte des österreichischen Kaiserstaates gesucht; in Dalmatien wirft der Culturhaß die bei uns noch unentbehrlichen Verhüllungen ab und zeigt sich in seiner rohesten Wirklichkeit.