Eine Wohnsiedlung mit ausschließlich Einfamilienhäusern in South Carolina.
Critical Race Theory

Wo es um „Race“ geht, sehen Amerikaner rot

Ein Konzept aus den Siebzigerjahren lässt in den USA den Kulturkampf hochkochen. Worum geht es? Und warum erregt es die Gemüter nur so?

Wer durch Amerika fährt, merkt bald: In vielen Gegenden, vor allem in der urbanen Peripherie, stehen ausschließlich Einfamilienhäuser. Das ist mehr als eine baukulturelle Eigenheit, es ist Gesetz: In zahlreichen Städten sind drei Viertel der Fläche als „Single family zone“ reserviert. Das heißt: Es dürfen dort keine größeren Wohnblöcke oder Reihenhäuser mit günstigeren Wohnungen gebaut werden. Das führt zu einer starken räumlichen Trennung zwischen Arm und Reich – und zu einem Teufelskreis: Wer aus einer armen Familie kommt, wächst umgeben von Armen auf, geht oft in eine schlechte öffentliche Schule in der Nähe und bleibt arm, auch wenn ihm das Recht formal Chancengleichheit zusichert. Der amerikanische Traum, es „vom Tellerwäscher zum Millionär“ zu schaffen, bleibt dort, wo er zum nationalen Selbstverständnis gehört, öfter Traum als in anderen hoch entwickelten Staaten. Als einen der Hauptgründe nennen Ökonomen die räumliche Segregation.

Wie kam es zum „Zoning“? Offiziell soll es den Wert der Immobilien schützen. Was aus europäischer Sicht seltsam wirkt – hier versucht der Staat im Gegenteil, soziale Durchmischung zu erzwingen, wie bei den Wiener Gemeindebauten, die auch in den nobelsten Bezirken stehen. Aber wenn eine Mehrheit der Amerikaner es so will, erscheint es doch legitim. Nur: Die (relativ) Armen, das sind in den USA typischerweise Schwarze und Latinos. Und der Ursprung des „Zoning“ war offen rassistisch: Im Jahr 1916 setzte ein Immobilienentwickler in Berkeley das erste Verbot dieser Art durch, um in einem Stadtviertel den Zuzug einer schwarzen „Dancehall“ und von chinesischen Waschsalons zu verhindern. Rasch breitete sich der Brauch aus. Und es hat über 100 Jahre gedauert, bis nun die ersten US-Großstädte davon wieder abrücken, um die Wohnungsknappheit zu bekämpfen.

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