Vienna Walking Week

Von Falco bis Tinder: „Ganz Wien“ zu Fuß entdecken

 Persy Bulayumi (l.) und Eugene Quinn von der Vienna Walking Week vor der UNO-City.
Persy Bulayumi (l.) und Eugene Quinn von der Vienna Walking Week vor der UNO-City. Die Presse/Clemens Fabry
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Die Vienna Walking Week will Wiener ab 30. Juli davon überzeugen, dass sich ein Urlaub auch bestens in der Stadt verbringen lässt.

Wer zwei Wochen in Griechenland am Pool liegt, hat, findet Eugene Quinn, weniger zu berichten, „als wenn man in Meidling oder Floridsdorf unterwegs ist. Da hat man mehr Geschichten zu erzählen.“ Überhaupt versteht der seit Jahren in Wien lebende Brite nicht, warum es die Wiener so oft hinaus aus der Stadt zieht, wieso sie Ruhe, Natur, aber auch exotische Erlebnisse so oft anderswo suchen – nur nicht in Wien.

Dabei biete die Stadt all das und mehr. Weshalb Quinn und das von ihm gegründete Kollektiv Whoosh die Vienna Walking Week organisieren, bei der man auf thematischen Spaziergängen unterschiedliche und weniger bekannte Seiten der Stadt kennenlernen soll; von einer „Wien bei Nacht“-Tour, die zeigt, dass Wien „um Mitternacht eine viel freundlichere Stadt ist als zu Mittag“ bis zum „Wine Walk Bisamberg“ (mit Stops bei mehreren Heurigen).

„Ich finde, dass Wien von den Wienern unterschätzt wird“, sagt Quinn. „Wir wollen neue Wiener Geschichten erzählen, auf spielerische Art.“ Die Vienna Walking Week, die bereits zum zweiten Mal stattfindet, versteht er dabei durchaus als Urlaubsalternative in der eigenen Stadt.

Neben Quinn sind bei vielen Touren auch Experten von Raumplanern bis Anthropologen mit dabei. Manchmal wird es thematisch auch ernster: Gemeinsam mit Persy Bulayumi, einem Manager, Sozialpädagogen und Lehrer, kann man sich auf die „Spuren des Wiener Rassismus“ begeben. (31.7., 15 Uhr). Treffpunkt ist im Stadtpark, wo 2003 der Mauretanier Seibane Wague durch Polizeigewalt ums Leben gekommen ist.

Wenn man in die Runde fragt, wer Angst davor hat, rassistisch zu agieren, „gehen alle Hände hoch“, sagt Bulayumi. Wichtig ist ihm, dass man (nicht nur dort, aber eben auch) auf der Tour „ins Reden kommt, dass die Menschen zusammenkommen und wir schauen, was dabei herauskommt. Die Angst vor der Begegnung, die möchte ich den Menschen nehmen“, sagt er. „Das sehe ich als meinen Auftrag. Und wenn ich am Ende des Tages dazu beigetragen habe, dass die Realität eines Menschen anders ausschaut, dann freut mich das.“

Auf der Tour soll diskutiert werden, wie Stadt, Sozialarbeiter und Polizei mit Rassismus umgehen könnten – aber auch, wie darüber an Schulen gelehrt werden sollte. Auch Antisemitismus in Wien wird eine große Rolle spielen – so führt die Tour am Lueger-Denkmal vorbei.

Eröffnet wird die Vienna Walking Week in diesem Jahr mit einer „Penzing Comedy Beisl Tour“ (30.7., 18 Uhr), bei der die Teilnehmer von Beisl zu Beisl ziehen, miteinander ins Gespräch kommen und dabei den „grünen und verschlafenen“ Wiener Westen kennenlernen sollen.

Zwölf Stunden Otto Wagner. Wer sich für Stadtarchitektur interessiert (und eine sehr gute Ausdauer hat), könnte bei der Otto-Wagner-Tour (2.8., neun Uhr) richtig sein, für die man allerdings zwölf Stunden einplanen sollte. (Ja, es gibt zwischendurch Pausen.) Besucht werden dabei nicht alle, aber doch viele (36!) Gebäude des Architekten, „der die Stadt geprägt hat wie kein anderer“, wie Quinn sagt.

„Wir wollen aber auch zeigen, wie langweilig und verstaubt Wien in den 1980ern war“ – dies nämlich auf einer Tour, die sich Falco und dessen Lied „Ganz Wien“ widmet, das heuer 40 Jahre alt wird (und lang nicht von Radiosendern gespielt wurde).

Mit der Architektin Iva Shokoska, die selbst Schulen geplant hat, spaziert man wiederum am 6. August (10.30 Uhr) an verschiedenen Bildungsgebäuden (von Volksschule bis Uni) vorbei – wenig zeitgemäße Schulgebäude sind dabei ebenso dabei wie Vorzeigeprojekte. Bei der Tour sind Eltern wie Kinder willkommen (wobei sie in englischer Sprache stattfindet – die meisten anderen Touren sind auf Deutsch).

Die Vienna Walking Week greift auch unterschiedlichste gesellschaftliche Themen auf, wie die Zukunft des Datens und die Frage der Nähe in Pandemiezeiten (4. August, 18 Uhr), die Tour wird auch den Donaukanal entlang führen – nach Auswertung der Dating-App Tinder einer der beliebtesten Treffpunkte für Tinder-Dates.

Walking Week

Von 30. Juli bis 6. August findet in Wien die Vienna Walking Week statt, bei der Organisator Eugene Quinn und Experten 16 Spaziergänge zu diversen Themen anbieten. Ticket: 10 Euro für einen Walk, 50 Euro für alle. Infos: whoosh.wien/events

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2021)

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