Eine Hobbysportlerin wird Olympiasiegerin, das ist ein Märchen, das nach Vermarktung schreit. Anna Kiesenhofers Sieg muss auch für Österreichs Radverband Gold wert sein. Damit noch mehr Kinder in die Pedale treten und Sponsoren leidende Straßen-Klassiker retten.
Anna Kiesenhofer gewann in Tokio sensationell Olympiagold. Die 30-Jährige ist kein Radprofi, sie fährt in keinem World-Tour-Team, sondern ist Individualistin. Die Mathematikerin, spezialisiert auf partielle Differenzialgleichungen, macht alles in Eigenregie. Sie sagt es stolz – und befeuert damit wieder die These, dass es weder System noch Verbände oder Vereine sind, die Siegerinnen oder Sieger formen, sondern stets einzelne Zellen.
Kiesenhofers Fall ist freilich extrem, sie überraschte die Sportwelt als „Hobbysportlerin“. Was für anderen Starterinnen in Tokio eine schallende Ohrfeige ist, muss auch als direkter Auftrag an den Radsportverband verstanden werden. Das zweite Olympiagold nach Adolf Schmal 1896 – ja, das sind 125 Jahre – muss dazu genützt werden, um noch mehr Kinder und Jugendliche für diesen Sport zu begeistern.