Kurz' Anwälte und die Korruptionsstaatsanwaltschaft sind sich uneins, wer die Beschuldigtenvernehmung machen soll. Dem Wunsch des Kanzlers wird nun per Weisung entsprochen.
Wien. Wer darf die Beschuldigtenvernehmung des Kanzlers durchführen? Der Anwalt von Kurz sagt, ein Richter. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hingegen wollte ihn selbst befragen. Das Justizministerium entschied nun: Dem Wunsch des Kanzlers wird entsprochen.
Prinzipiell muss die Staatsanwaltschaft laut Strafprozessordnung einen Antrag auf richterliche Beweisaufnahme selbst stellen, wenn gewisse Umstände vorliegen. Dazu gehört, wenn ein besonderes öffentliches Interesse vorliegt. Die WKStA argumentierte zuletzt, dass der Paragraf vor ihrer Sonderzuständigkeit geschaffen wurde und darum in der Praxis eher hinfällig sei.
Die Ladung zur Zeugenvernehmung wurde Ende Juni zugestellt – Kurz ist ihr noch nicht nachgekommen. Sein Anwalt Werner Suppan hat einen Einspruch wegen Rechtsverletzung gemacht. Die Ladung sei unter Androhung von Zwangsmaßnahmen erfolgt, der Kanzler sei weiters in seinen subjektiven Rechten verletzt worden, weil eine gerichtliche Beweisaufnahme seitens der Staatsanwaltschaft gar nicht erst beantragt wurde. Noch bevor die Behörden entscheiden konnten, wurde der Streit nun Montagabend per Weisung aus dem Justizministerium beendet. Kurz soll von einem Richter einvernommen werden. Wann, ist noch nicht klar.
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Die Entscheidung, ob Kurz wegen Falschaussage vor dem U-Ausschuss angeklagt wird, wird darum nicht so bald fallen. Im „Bild“-Interview hatte der Kanzler Sonntag jedenfalls schon angekündigt, auch bei einer Anklage im Amt bleiben zu wollen.
Missbrauch-Vergleich
Für Aufregung sorgt indessen ein Vergleich, den Kurz im Interview mit VOL (Vorarlberg online) gezogen hat. Kurz verglich Staatsanwälte implizit mit Pädophilen. Konkret begründete er, warum man maneinzelne Staatsanwälte kritisch hinterfragen dürfe, mit einer Analogie zur katholischen Kirche. Dort seien früher Missbrauchsfälle vertuscht worden und man habe „öffentliche Kritik nicht gerne gesehen“ – das habe der Institution „nicht gut getan“, so Kurz.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2021)