Zertifikate

Corona-Genesene: Im Dilemma zwischen Rat und Recht

Wer hat das Recht auf ein Zertifikat?
Wer hat das Recht auf ein Zertifikat?APA/HELMUT FOHRINGER
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Wer schon Antikörper hat, sollte nur eine Impfung bekommen. Doch rund um den Grünen Pass führt dies zu Problemen. Man könne eine zweite Dosis einfordern, sagt das Ministerium. Nur seien mehr Impfreaktionen möglich.

Ihr Grüner Pass werde als ungültig angezeigt und nirgendwo mehr akzeptiert, klagt eine „Presse“-Leserin. Denn auf die erste Impfung im April folgte keine zweite mehr. Das wird in dem Fall aber auch so ärztlich empfohlen. Denn ein Antikörpertest vor der Impfung hatte gezeigt, dass die Frau schon vorher (unbewusst) Corona hatte. Bloß spielt der Grüne Pass bei dem Szenario nicht so recht mit. Die Frau ist kein Einzelfall. Aber was können Betroffene in dieser Situation unternehmen, um zu ihren Rechten zu kommen?

Die Frau hat eine bürokratische Odyssee hinter sich. Bei der Ages Hotline habe man ihr empfohlen, alle drei Monate die Antikörper bestimmen zu lassen, sagt die Frau. So könne man im Inland tatsächlich immer wieder aufs Neue die 3-G-Berechtigung erhalten. Aber jeder Test koste 30 Euro, sagt die Betroffene. Das Gesundheitsministerium wiederum habe ihr nur eine Kopie des Textes von seiner Homepage geschickt. Und eine Anfrage an Elga endete mit der Auskunft: „Auf europäischer Ebene sind neutralisierende Antikörper nicht in den Zertifikaten des Grünen Passes vorgesehen.“

EU-Vorgabe dürfte so bleiben

Das sei tatsächlich so, bestätigt man im Gesundheitsministerium der „Presse“. Man sei als Staat an die EU-Vorgaben gebunden. Und man gehe momentan nicht davon aus, dass sich dabei etwas ändert. Nur wer eine bewusste Corona-Erkrankung hatte (PCR-Test während der Infektion gemacht und gemeldet), erhält ein Zertifikat dafür. Bloße Antikörper (man hatte irgendwann einmal eine Infektion) reichten für ein Zertifikat aber nicht aus.

Was also tun? Für das Inland gibt es diverse Möglichkeiten. Die Erstimpfung allein fungiert drei Monate lang als 3-G-Nachweis. Und wenn man einen Antikörpernachweis plus die darauf erfolgte Erstimpfung vorweisen kann, bleibe die Teilimpfung sogar neun Monate lang „gültig“, sagt das Ministerium. Bestätigen müsse man dies, indem man immer beide Dokumente zusammen herzeigt. Dann sei es egal, dass das Impfzertifikat als solches abgelaufen ist.

Beim Reisen wird es früher schwieriger. Unter welchen Umständen man einreisen darf, legt jedes Land selbst fest. Die EU-weit gültigen Zertifikate zeigen nur die 3-G-Nachweise jedes Bürgers an, sagen aber nicht, wie weit sie damit kommen. Mit nur einer Impfung sind einem Grenzen gesetzt.

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„Unabhängig von der medizinischen/immunologischen Einschätzung können im internationalen Reiseverkehr zwei Dosen zur Einreise vorgeschrieben sein“, sagt das Ministerium. „In solchen Fällen kann beziehungsweise soll eine zweite Dosis aus formalen Gründen gegeben werden, was auch der Zulassung entspricht.“ Allerdings könne „bei einer zweimaligen Impfung eine erhöhte Rate an Impfreaktionen bei Genesenen nicht ausgeschlossen werden“.

Das Problem bei Reisen kann auch länger schon Genesene betreffen, die nach einer bewussten Erkrankung ein Zertifikat erhalten haben. Denn auch mit diesem ist man in der Regel nur sechs Monate vollständig Geimpften gleichgestellt. Auch hier stellt sich also die Frage einer zweiten Impfung.

Erlass: 3-G strikter kontrollieren

Indes gab Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein einen neuen Erlass heraus. Laut diesem sollen die lokalen Gesundheitsbehörden die 3-G-Regel vor allem in Lokalen stärker kontrollieren. Die Maßnahme ist mit Innenminister Karl Nehammer und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger abgesprochen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2021)

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