Leitartikel

Gefährliches Spiel im Musterland des Arabischen Frühlings

Tunesische Soldaten sind in dem Gebiet rund um das Parlamentsgebäude aufmarschiert.
Tunesische Soldaten sind in dem Gebiet rund um das Parlamentsgebäude aufmarschiert.APA/AFP/FETHI BELAID
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Tunesiens Politiker müssen die Fahrt des Landes in den Abgrund rasch stoppen. Europa droht ein weiterer Krisenherd südlich des Mittelmeeres.

Es ist ein brandgefährliches Spiel, das Tunesiens politische Elite in diesen Stunden betreibt – ein Spiel um die Zukunft des Landes. In den kommenden Tagen wird sich entscheiden, ob alle Beteiligten noch einmal einen Ausweg aus der tiefen politischen Krise finden; oder ob die einstige Erfolgsgeschichte des sogenannten Arabischen Frühlings in einem Albtraum endet – so wie das in anderen Ländern der Region der Fall war.
Tunesien galt lange als Musterbeispiel einer gelungenen politischen Transition: Nach dem Sturz des Langzeitherrschers Zine el-Abidine Ben Ali 2011 erkämpften sich die Tunesier mit großer Mühe weitgehend funktionierende demokratische Strukturen. Linke und liberale Politiker und die stimmenstarke islamistische Partei Ennahda erzielten einen Ausgleich und agierten innerhalb des Systems. Ennahda war auch bereit, zwischenzeitlich wieder die Macht abzugeben. Trotz massiver sozialer, wirtschaftlicher und gesellschaftspolitischer Probleme: Das demokratische Wechselspiel funktionierte. Doch damit scheint es spätestens jetzt vorbei zu sein.

Staatspräsident Kais Saied hat den Regierungschef abgesetzt und mithilfe der Sicherheitskräfte die Arbeit des Parlaments vorerst blockiert. Ennahda-Chef Rachid al-Ghannouchi spricht bereits von einem Putsch. Er droht mit massiven Protesten seiner Gefolgsleute – und der Präsident mit dem Einsatz der Armee; zugleich gehen die Anhänger des Staatschefs zu Jubelkundgebungen auf die Straße. Eine brisante Mischung, die jederzeit zu einer massiven Explosion führen kann.

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