Glosse

Olympia braucht Altersgrenzen

TABLE TENNIS-OLY-2020-2021-TOKYO
TABLE TENNIS-OLY-2020-2021-TOKYOAPA/AFP/ANNE-CHRISTINE POUJOULAT
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13-jährige Olympia-Siegerin, 12-Jährige im Tischtennis oder Teenager im Elitefeld: Tokio sieht junge Starter und noch jüngere Siegerinnen. Wird die Gefahr des falschen Ehrgeizes im Sinne des Kommerz toleriert? Wozu gibt es denn eigene Jugendspiele im IOC?

Das Siegerpodest des Skateboard-Bewerbes der Damen war insgesamt 42 Jahre alt, die Siegerin gerade einmal 13. Im Tischtennis stand eine Zwölfjährige an der Platte, ihre Gegnerin, die Österreicherin Liu Jia, 39, hatte Gewissensbisse. Im Schwimmen triumphierte eine 17-Jährige über 100 Meter Brust. Lydia Jacoby schenkte Alaska das erste Gold. Müssen unbedingt Kinder bei Sommerspielen für den von Kommerz begleiteten Goldrausch sorgen?

Wer neue Sportarten forciert, um sein in die Jahre gekommenes Programm aufzupolieren, will zwangsläufig jüngere Generationen ansprechen. Der dahinterstehenden Industrie ist das nur recht. Neue Sieger aus Trendsportarten wie Klettern, Surfen oder Skateboarden bringen neue Kundschaft, und die ist immer willkommen. 2024 ist sogar Breakdance olympisch. Diese Sparten sind schneller, TV-tauglicher und begeistern junge Menschen unbestritten schneller denn Gewichtheben oder Kugelstoßen.

Olympische Spiele sollen trotzdem keine Kinderspiele sein. Der im Turnen seit 1997 ausgemerzte Jugendwahn mit einem Alterslimit von 16 – Nadia Comaneci triumphierte 1976 als 14-Jährige – ist ein wichtiger Schritt gewesen. Warum dürfen jetzt Teenager und Kinder auf dem Podest der Erwachsenen jubeln? Die Gefahr, was falscher Ehrgeiz aus jungen Menschen machen kann, ist extrem groß. Es geht um Gold und Geld, Olympia ist weitaus mehr als nur ein Sportfest. Warum wurden denn 2010 vom Internationalen Olympischen Komitee „Jugendspiele“ eingeführt? Dort, und nur dort, sollten sich doch 14- bis 18-Jährige im Wettkampf messen.

Die Debatte über Alterslimits ist nicht neu, schon 1936 in Berlin siegte mit Marjorie Gestring eine Zwölfjährige vom Dreimeterbrett. Doch augenblicklich hat es in Tokio den Anschein, als würde sich Olympia einer großen Verjüngungskur unterziehen.

Verantwortungsvoller wäre es, ein fixes Alterslimit festzulegen. Nur das wird wohl nie gelingen, weil Quoten und Business stimmen.

E-mail: markku.datler@diepresse.com

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