"Extreme Gefahr"

Der tödliche Knall von Leverkusen

Rauchwolke über Chemiepark
Rauchwolke über Chemiepark(c) APA/dpa/Oliver Berg (Oliver Berg)
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Zuerst eine heftige Explosion und dann eine dicke Rauchwolke versetzten die Region in Aufregung.

Berlin/Leverkusen. Am Dienstag, gegen 9.40 Uhr, hat eine „immense Detonation“ die Stadt Leverkusen in Nordrhein-Westfalen erschüttert. So wird es Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD) später berichten. Der Mann übertreibt nicht. Noch im Hespertal, 40 Kilometer nördlich von Leverkusen, registrierte eine Messstation die Erschütterung. In Leverkusen soll die Druckwelle teils Türen und Fenster zugeschlagen haben. Die dicke schwarze Rauchsäule, die sich in den Himmel über der Stadt schraubte, war weithin zu sehen und der Knall auch in den umliegenden Orten zu hören. Das berichteten Zeugen. In der Metropolregion am Rhein drängen sich dicht an dicht die Städte.

Die Bevölkerung in Leverkusen wurde aufgerufen, Fenster und Türen zu schließen. Mehrere Autobahnabschnitte in Köln und Leverkusen, die zu den vielbefahrensten der Republik zählen, wurden gesperrt.

„Ein tragischer Tag“

Vier Stunden lag die Explosion zurück, als Oberbürgermeister Richrath vor die Presse tritt. Das Feuer war bereits gelöscht. Erste Bilanz. Ein Mitarbeiter der Firma Currenta, die den Chempark und die Müllverbrennungsanlage betreibt, ist tot. Am Abend wurde bekannt, dass eine weitere Person ihren Verletzungen erlegen ist. Vier weitere wurden am Dienstagnachmittag noch vermisst. Die Zahl der verletzten Mitarbeiter wurde mit 16 angegeben und später auf 31 nach oben korrigiert. Fünf Personen mussten dabei intensivmedizinisch betreut werden. Oberbürgermeister Richrath sprach von einem „tragischen Tag für Leverkusen“, der 160.000-Einwohnerstadt, Heimat des Pharmariesen Bayer und mit der Chemieindustrie „eng verwurzelt“.

Vollends Entwarnung wollten die Behörden am Nachmittag nicht geben. „Wir haben immer noch eine Gefährdungslage“, erklärte auch Currenta-Werksleiter Lars Friedrich. Denn bei dem Brand könnten giftige Substanzen freigesetzt worden sein. Die Analyse der Zusammensetzung der Stoffe könne Tage dauern. Der Oberbürgermeister mahnte daher, Obst aus dem Garten vor dem Verzehr abzuwaschen und auf Ruß-Niederschlag oder Ähnliches zu achten: „Wer etwas sieht, soll sich melden.“ Eine Hotline wurde eingerichtet.

In der Millionenstadt Köln, die nur der Rhein von Leverkusen trennt, gaben mobile Messteams rasch Entwarnung. Die dunkle Rauchwolke zog in den Nordosten nach Dortmund im Ruhrpott, wo am Nachmittag die Warnung erging, die Fenster zu schließen.

Am Dienstag waren noch viele Fragen offen, darunter jene nach der Ursache. Sicher ist: Drei Tanks gefüllt mit organischem Lösungsmittel brannten. (Maximales) Fassungsvermögen pro Tank: 300 bis 400 Kubikmeter, umgerechnet also jeweils 300.000 bis 400.000 Liter. Es handelt sich um Produktionsabfälle der im „Chempark“ ansässigen Unternehmen, die in den Tanks vor der Entsorgung zwischengelagert werden.

Bevölkerung rasch gewarnt

Die Warnung der Bevölkerung erfolgte diesmal offenbar rasch und auf vielen Kanälen. Die offizielle Nina-App meldete jener Minderheit, die sie benutzen, eine „extreme Gefahr“. Sirenen heulten, und wo sie ausfielen, rückten mobile Teams aus, wie ein RTL/n-tv-Reporter aus dem alarmierten Solingen berichtete. Das Warnsystem stand massiv in der Kritik, seit eine Flutkatastrophe mehr als 170 Menschen in den Tod gerissen hat. Berichten zufolge soll übrigens auf dem Areal in Leverkusen zuletzt Sperrmüll aus den Flutgebieten zwischengelagert worden sein.

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