China

Hongkong: Erstes Urteil nach strittigem "Sicherheitsgesetz"

APA/AFP/ISAAC LAWRENCE
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Einem jungen Mann, der mit seinem Motorrad für Freiheit demonstrierte, droht wegen „Terrorismus und Separatismus“ lebenslange Haft.

Der junge Mann hatte eine schwarze Fahne mit der Inschrift „Befreit Hongkong – Revolution unserer Zeit“ an seinem Rucksack befestigt, fuhr mit seinem Motorrad um Polizisten in Kampfmontur herum und ärgerte sie. Es war der 1. Juli 2020 in Hongkong, Demokratie-Aktivisten demonstrierten gegen die immer größere Einflussnahme der chinesischen KP, wie bereits im langen Protest-Sommer 2019. Nur diesmal waren die Kundgebungen untersagt worden. Und an dem Tag, als Tong Ying-kit mit seinem Motorrad mehr Freiheit einforderte, trat in Hongkong das umstrittene „Nationale Sicherheitsgesetz“ in Kraft: Auch der nicht genehmigte Protest wurden als „Bedrohung für die nationale Sicherheit“ eingestuft.

Tong wurde das erste offizielle juristische Opfer des Gesetzes: Am Dienstag wurde der Restaurant-Angestellte wegen Terrorismus und Anstiftung zum Separatismus verurteilt. Dem 24-Jährigen droht lebenslange Haft. Es ist der erste Schuldspruch nach dem umstrittenen Nationalen Sicherheitsgesetz. Die Terror-Anklage erfolgte, weil der Mann die Absperrungen missachtet hatte und in Polizisten gefahren war.
Der Richter sah eine vorsätzliche Gewalttat und ernste Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Und „Separatismus“ wurde Tong wegen des von ihm präsentierten Slogans vorgeworfen, der eines der gängigen Mottos der Demokratie-Bewegung ist. Der Spruch habe darauf abgezielt, „die Sonderverwaltungsregion Hongkong von der Volksrepublik zu trennen, und war imstande, andere dazu aufzurufen, eine Abspaltung zu verfolgen“, so der Richter.

Verstoß gegen Pakt mit Briten von 1997

Das Urteil ist ein Signal dafür, dass jede Form des Dissens in Hongkong nun auch gerichtlich unterdrückt wird. Es zeigt, dass das einst relativ unabhängige Justizwesen nicht mehr existiert und Gerichte nun der Willkür der Parteikader unterworfen sind. Das dürfte dramatische Folgen für die mehr als 100 KP-kritischen Aktivisten, Journalisten, Politiker und Unternehmer haben, die aufgrund des bewusst vage formulierten Gesetzes in Haft sind und auf ihren Prozess warten.

International wird das Sicherheitsgesetz als Verstoß gegen die Vereinbarung mit Großbritannien von 1997 gesehen: Nach der Rückkehr zu China sollte die Ex-Kronkolonie Hongkong als Sonderverwaltungszone autonom und politisch frei bleiben – unter dem Motto „Ein Land, zwei Systeme“. Peking weist Kritik erzürnt als „Einmischung in interne Angelegenheiten“ zurück. (basta.)

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