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ORF-Wahl für Armin Wolf "zum Weinen"

ROMY-GALA 2019: ARMIN WOLF
ROMY-GALA 2019: ARMIN WOLF(c) APA (HANS PUNZ)
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Vier Kandidaten haben sich für den Posten des ORF-Generaldirektors beworben, der bürgerliche Roland Weißmann wird als Favorit gehandelt. Dass der Posten politisch besetzt wird, stört nicht nur den einflussreichen ORF-Moderator.

Die reguläre Bewerbungsfrist für die ORF-Generaldirektorenwahl endet heute um Mitternacht. Drei Kandidaten haben ihre Bewerbung bereits seit längerem bekannt gegeben: Der amtierende ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, ORF 1-Channelmanagerin Lisa Totzauer und ORF-Vizefinanzdirektor Roland Weißmann. Heute kam der ORF-Technik-Vizedirektor Thomas Prantner hinzu. Die besten Karten hat dem Vernehmen nach Weißmann, der als Wunschkandidat der Kanzlerpartei ÖVP gilt. Denn nicht eine unabhängige Jury entscheidet über den Posten, sondern der überwiegend politisch besetzte Stiftungsrat, der eingeteilt ist in parteipolitische „Freundeskreise".

Erst am Dienstag kritisierte FPÖ-Chef Herbert Kickl das Prozedere und fordert zumindest eine geheime Abstimmung. Heute meldete sich der einflussreiche ORF-Moderator Armin Wolf zu Wort: „Alle fünf Jahre ist es wirklich frustrierend, für den ORF zu arbeiten“, schreibt er auf Twitter. Es gäbe spannende Medienmanager in Österreich und Deutschland, aber niemand würde sich bewerben, „weil allen klar ist, dass der Job politisch ausgedealt wird. Es ist zum Weinen.“

Wolf wünsche sich eine Findungskommission, die international nach den fähigsten Kandidaten suche, „und dass dann der/die Überzeugendste mit dem klügsten Konzept bestellt wird.“ Mit dem Wunsch ist er nicht alleine. Der ORF-Redakteursrat, dem Dieter Bornemann vorsitzt, fordert seit Jahren eine Entpolitisierung – bisher ohne Ergebnis.

Für wen stimmen die Grünen?

Unterdessen wird darüber spekuliert, für den die Mitglieder drei den Grünen nahestehenden Stiftungsräte ihre Stimmen abgeben werden. Diese haben sich laut Lothar Lockl, der für sie spricht, noch auf keinen der Kandidaten verständigt. "Wir werden die Konzepte der einzelnen Bewerber und Bewerberinnen studieren und uns ein genaues Bild von deren Plänen für den ORF machen", sagte Lockl. Die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, betonte, sich nicht einmischen zu wollen.

(c) Die Presse

Kickl wollte am Mittwoch von den Grünen wissen, ob es bereits einen "ausgepackelten Deal" innerhalb der türkis-grünen Koalition gebe, wonach sämtliche den Grünen nahestehende Stiftungsräte ihre Stimme ORF-Vizefinanzdirektor Roland Weißmann, der als ÖVP-Wunschkandidat gilt, geben werden. "Und was sind im Gegenzug die türkisen ORF-Versprechen und Posten für die Grünen?", fragte Kickl und mahnte volle Transparenz von den Grünen ein.

"Herr Kickl sagt ununterbrochen, die Politik solle sich nicht einmischen, nur um es dann doch zu tun", reagierte Blimlinger. "In dieser Angelegenheit muss man die Stiftungsräte fragen. Diese sind dafür zuständig, wen sie wählen werden, sicher nicht wir", so Blimlinger. Sie fokussiere sich dagegen auf eine "möglichst baldige Novellierung des ORF-Gesetzes". Verhandlungen mit der ÖVP seien am Laufen, jedoch noch ohne konkrete Ergebnisse. Klar sei für sie, dass die digitale Transformation für den ORF gesetzlich ermöglicht werden müsse.

Lockl wollte Zurufe von außen nicht kommentieren. Er verriet jedoch, dass es noch keine Präferenz für eine Kandidatin oder einen Kandidaten gebe. "Wir bekommen erst jetzt die Konzepte. Außerdem gibt es noch die Möglichkeit von Nachnominierungen", erinnerte er. Die Bewerber erachtet er allesamt als "ausgewiesene Persönlichkeiten". Für ihn zähle deren Leistung und Qualifikation. "Der ORF muss sich seine Seriosität und Unabhängigkeit behalten. Kandidaten haben es nicht verdient, sofort in Parteinähe gerückt zu werden", meinte Lockl und plädierte für mehr Gelassenheit.

Da eine Revolution am Mediensektor anstehe - Stichwort digitale Transformation -, brauche es einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk und ein starkes Team in der Geschäftsführung. Dieses solle ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis aufweisen, forderte Lockl. Dem Vernehmen nach könnten die Grünen bei einer Unterstützung des ÖVP-Wunschkandidaten Weißmann mit zwei Direktorinnen- oder Direktorenposten rechnen, was Lockl dementierte.

Zustimmung per Handzeichen

Wenn die Stiftungsräte am 10. August über die Vergabe des Generaldirektorpostens im ORF abstimmen, dann werden sie das jedenfalls offen tun. Per Handzeichen wird die Zustimmung signalisiert - ein Umstand, über den immer wieder diskutiert wird. Denn so sieht jeder der Anwesenden, wer sich für wen ausspricht. Ein Ausscheren aus den Reihen des eigenen Freundeskreises wird damit erschwert - müsste sich doch der oder die Abtrünnige später dafür rechtfertigen.

Kickls Vorstoß ist insofern ohne Ironie, als die geheime Wahl unter der Bundesregierung Schüssel I 2001 abgeschafft wurde - Koalitionspartner war damals die FPÖ. Profitiert hat davon Monika Lindner, die dann 2006 durch Langzeitgeneralintendanten Alexander Wrabetz abgelöst wurde.

Für eine geheime Abstimmung bräuchte es aber eine Gesetzesänderung, denn die Wahl des ORF-Generaldirektors ist im ORF-Gesetz geregelt. Bis zur ORF-Wahl 1998 wurde geheim abgestimmt, was mitunter zu überraschenden Ergebnissen führte, weil Stiftungsräte nicht nach Fraktionslinie, sondern nach freier Entscheidung abstimmten - wie es das Gesetz vorsieht.

Kickl stieß mit seinem Vorschlag bei anderen Fraktionen zum Teil auf offene Ohren. SPÖ-"Freundeskreisleiter" Heinz Lederer wünscht sich am 10. August eine freiwillige geheime Abstimmung, ist sich aber nicht sicher, ob das gesetzlich möglich ist. Auch für Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter wäre eine geheime Wahl "der richtige Weg, weil der Stiftungsrat bedauerlicherweise ganz klar parteipolitisch besetzt ist und die meisten Mitglieder leider unangenehme Konsequenzen fürchten müssen, wenn sie von der Parteilinie abweichen", wie sie sagt.

"Ich halte nichts davon, künstlich zu versuchen, ein Gesetz zu umgehen", sagte Lockl. Man sei daran gebunden. Veränderungsbedarf ortet er in Bezug auf das ORF-Gesetz jedoch sehr wohl. Dabei könne man auch über neue Strukturen reden, so Lockl.

Neos wollen Hauptversammlung statt Stiftungsrat

Die Neos wünschen sich mehr als nur eine geheime ORF-Wahl: Ginge es nach ihren Vorstellungen, würde eine Hauptversammlung den Stiftungsrat ablösen, die sich aus per Los bestimmten Bürgern, Institutionen der Zivilgesellschaft und nur einem Vertreter pro Parlamentsklub zusammensetzt. Dafür allerdings müsste die Politik auf Einfluss auf den ORF verzichten.

(APA/Red.)

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