Wenn ein Richter den Bundeskanzler als Beschuldigten vernimmt, dürfen sowohl die Verteidigung als auch ein Vertreter der Anklage Präsenz zeigen.
Eines ist bei den Ermittlungen gegen Sebastian Kurz wegen möglicher Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss am 24. Juni 2020 nun klar: Nach einer Weisung des Justizministeriums hat die Vernehmung des Kanzlers (er bestreitet die Vorwürfe) durch einen Richter und nicht durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu erfolgen. Das Ressort begründete dies mit einer Ausnahmebestimmung der Strafprozessordnung (Paragraf 101, Absatz 2 StPO), laut der bei besonderem öffentlichen Interesse ebendies vorgesehen ist. Heißt dies, dass nur der Richter allein Kurz befragen darf? Oder kann ein Oberstaatsanwalt der WKStA (oder gar ein ganzes Team) bei der richterlichen Vernehmung dabei sein?
In diesem Punkt will das Ministerium seine Rechtsansicht nicht öffentlich äußern. „Das BMJ übt in dieser Sache die Fachaufsicht über die zuständige Staatsanwaltschaft aus. Wir bitten daher um Verständnis, dass wir uns zu den verschiedenen denkmöglichen Szenarien nicht äußern werden“, hieß es auf Anfrage der „Presse“. Die Strafrechtsprofessorin Ingeborg Zerbes von der Uni Wien hält es jedenfalls für möglich, dass die Staatsanwaltschaft bei der Befragung dabei sein darf. Und dass diese auch ergänzend Fragen stellen kann, wie sie der „ZiB 2“ sagte.