Der Hass auf syrische Flüchtlinge und arabische Touristen in der Türkei wächst. Die Opposition wirft Erdoğan vor, in Flüchtlingsdeals mit der EU die Interessen des Landes zu verkaufen.
Arabische Gesänge schallen über den Bosporus, wenn abends in Istanbul die Ausflugsboote losfahren. „Man glaubt gar nicht mehr, dass man in Istanbul ist“, schimpft eine türkische Einwohnerin der Metropole. An den Ufern spazieren Familien aus der Golf-Region, auf den Einkaufsstraßen wird Arabisch gesprochen, an den Kreuzungen betteln syrische Flüchtlingskinder. Während des islamischen Opferfestes in den vergangenen Tagen war der Andrang von Arabern besonders spürbar. Für viele Türken wurde das Fest zu einem Wendepunkt: Die Stimmung schlägt in offene Feindseligkeit gegen Araber um. Die Ausländerfeindlichkeit richtet sich nicht nur gegen arabische Touristen und die 3,6 Millionen syrische Flüchtlinge, sondern auch gegen reiche Zuwanderer aus Nahost, die sich mit einem Immobilienkauf türkische Pässe sichern. Eine Investition von 250.000 Dollar genügt, damit der Käufer und seine Familie die türkische Staatsbürgerschaft erwerben können.
Viele Interessenten aus politisch instabilen oder repressiven Nahost-Ländern nehmen die Einladung dankbar an. Iraker, Iraner und Saudis sind die führenden ausländischen Käufer von Immobilien in der Türkei. Vorurteile und Gerüchte über die Araber gleichen denen in Europa. „Die bieten 14-jährige Mädchen als Prostituierte an“, entrüstet sich ein Ladeninhaber an der Einkaufsmeile Istiklal Caddesi in der Stadtmitte Istanbuls. „Die verteilen Telefonnummern, da können die Freier anrufen und werden zu einem Haus hier um die Ecke gelotst.“ Im Internet kursieren Videos, in denen angeblich arabische Badegäste an einem Strand lauthals „Gott ist groß“ skandieren.