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Jean-Claude Van Damme: Der einzig wahre Actionstar

Während andere Kino-Haudegen in ihren Legenden feststecken, erfindet sich der 60-jährige Belgier Jean-Claude Van Damme immer wieder neu – so auch in seiner neuen Netflix-Produktion „The Last Mercenary". Wir empfehlen sieben seiner besten Filme.

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The Last Mercenary

Von David Charhon, 2021
Zu sehen auf Netflix

Unter den Actionhelden seiner Zeit war der charmante, äußerst gutaussehende Belgier Jean-Claude Van Damme der einzige, der auch außerhalb des Prügelkinos zum Star hätte werden können - vielleicht als französisch akzentuierter Hollywood-Herzensbrecher, in der Tradition von Maurice Chevalier und Charles Boyer. Körperbau und Agilität prädestinierten ihn freilich fürs Bewegungskino, wo ihm in den Neunzigerjahren niemand das Wasser reichen konnte. Anders als seine Kollegen Stallone und Schwarzenegger ist Van Damme, nachdem die großen Kinokassen-Erfolge irgendwann ausblieben, nicht zum Gefangenen seiner eigenen Legende geworden. Das zeigt auch sein jüngster Film „The Last Mercenary": Die französische Netflix-Produktion spielt einerseits ironisch mit dem Image ihrer Hauptfigur, andererseits integriert sie sie in eine gut geölte, gegen Ende erfreulich enthemmte Ensemblekomödie, die ein breites Panorama eröffnet: von den Pariser Banlieues bis zu politischen Machtzentren, von teils slapstickartig überdrehtem Actionspektakel bis zu sentimentalen Familienzusammenführungen. Ein quicklebendiges und angenehm unnostalgisches Alterswerk von einem, der immer mehr sein wollte als bloß die „Muscles from Brussels".

Bloodsport

Von Newt Arnold, 1988
Zum Leihen oder Kaufen auf Apple iTunes (ab € 3,99)

Der Durchbruch: Als Captain Frank Tux prügelt sich der damals 28-jährige Van Damme durch ein illegales Martial-Arts-Turnier, ein regelloses, blutrünstiges Spektakel, bei dem es weniger auf die überlegene Technik ankommt, als auf den unbedingten Willen, den Gegner physisch und moralisch zu vernichten. Van Damme hatte selbst eine erfolgreiche Kampfsportkarriere hinter sich, bevor er sich dem Kino zuwandte, und erhält ausgiebig Gelegenheit, seine Fähigkeiten vorzuführen, insbesondere den hohen Tritt an den Kopf des Kontrahenten, der im Folgenden zu seinem Markenzeichen wird. Im Film selbst zeigen Rückblenden, wie der junge Tux von einem japanischen Nachbarn in die Geheimnisse des Ninjutsu eingeführt wurde. Gefilmt zum Teil on location in den engen Gassen der legedären Kowloon Walled City, eines Hongkonger Armenviertels, verbindet Bloodsport grobe ethnische Stereotypisierungen und Hurra-Patriotismus mit einer ehrlichen Faszination für asiatische Kultur. Und mittendrin Van Damme, ein neuer Star am Actionhimmel, der von Anfang an deutlich weltgewandter und eleganter wirkt als die dominanten Muskelmänner der 1980er Jahre.

Hard Target

Von John Woo, 1993
Zum Leihen oder Kaufen bei diversen Anbietern (ab € 2,99)

Neben seiner Ausbildung in Karate, Taekwondo und Muay Thai besuchte der junge Van Damme auch mehrere Jahre lang eine Balletschule. Keiner seiner Filme bringt die tänzerisch-musikalische Dimension seiner Bewegungskunst besser zur Geltung als Hard Target. Regisseur John Woo hatte vorher in Hongkong mit einer Serie stilisierter, ebenso bleihaltiger wie hoch emotionaler Großstadtmärchen das Actionkino revolutioniert. Sein Hollywood-Debüt orientiert sich erzählerisch am Horrorklassiker „The Most Dangerous Game": Ein zynischer Unternehmer organisiert in New Orleans Menschenjagden für gelangweilte Millionäre. Van Damme spielt eines der potentiellen Opfer, einen Mann ohne Familie und Vergangenheit am Rand der Gesellschaft. Eine quasi-messianische Figur, die mit den außerordentlich atmosphärisch in Szene gesetzten Straßen der Südstaatenmetropole, durch die sie sich bewegt (mit Vorliebe in Zeitlupe und von Tauben umflattert), regelrecht verwachsen scheint. „Hard Target" ist, allen spektakulären Shootouts zum Trotz, im Kern eine Außenseiterballade und ihr Hauptdarsteller ist bereits hier, in der Blüte seiner Jahre, ein verkappter Melancholiker. Einer, der weiß, dass er zu der Welt, die zu beschützen er antritt, nie wirklich gehören wird.

Timecop

Von Peter Hyams, 1994
Zu sehen auf Amazon

Mitte der Neunzigerjahre hat Van Damme den Gipfel erreicht: Während die älteren Actionstars wie Schwarzenegger und Stallone an Zugkraft verlieren, fast schon wie Relikte aus der Zeit des Kalten Kriegs wirken, landet der Belgier einen Hit nach dem anderen. Van-Damme-Filme sind wie die Neunziger: post-ideologisch, spielerisch, selbstironisch, oberflächlich im Guten wie im Schlechten, und doch auch immer wieder erstaunlich ambivalent in ihrem Blick auf die kapitalistische Gegenwart. Timecop ist eines der schönsten Werke aus dieser Phase: Die Handlung des rasanten Science-Fiction-Thrillers ergibt hinten und vorne keinen Sinn, aber wen stört das, wenn Van Damme gleich auf mehreren Zeitebenen Bösewichte vermöbeln darf und außerdem noch in der zurecht gefeierten Küchenszene den ikonischsten Spagat seiner Karriere zelebriert?

Maximum Risk

Von Ringo Lam, 1996
Zu sehen auf Netflix und Sky

Ein unterschätztes Glanzstück aus Van Dammes erfolgreichster Phase: In „Maximum Risk", dem Hollywooddebut von Ringo Lam, eines weiteren Hongkong-Regisseurs, verfolgt Van Damme die Spuren von Van Damme. Genauer gesagt spielt der Star in einer Doppelrolle zwei Zwillingsbrüder. Der eine wird zu Filmbeginn ermordet, der andere stürzt sich auf der Suche nach den Mördern in den New Yorker Großstadtdschungel - und in einige der aufregendsten Actionszenen in Van Dammes Filmografie. Der doppelte Van Damme ist kein Einzelfall: Immer wieder bekommt es der Belgier in seinen Filmen mit Kopien oder Versionen seiner selbst zu tun. Seine Identität bleibt ein Geheimnis, das sich nie komplett lüften lässt.

Double Team

Von Tsui Hark, 1997
Zu sehen auf Netflix und Sky

Ende der Neunziger gerät die vorher verlässlich wie ein Uhrwerk Hit nach Hit produzierende Muscles-from-Brussels-Actionfilmschmiede aus dem Takt. Als Anfang vom Ende wird oft ein Film identifiziert, der unbedingt eine Wiederentdeckung lohnt: In Double Team nimmt Van Damme den Kampf gegen einen größenwahnsinnigen Polizisten auf - an der Seite des flamboyanten Basketballstars Dennis Rodman. Man sollte lieber gar nicht erst versuchen, aus dem konfusen Plot schlau zu werden; in Sachen visuellen Einfallsreichtums und anarchischer Energie jedoch ist „Double Team" im Hollywoodkino seiner Zeit unerreicht. Regie führt schon wieder ein Veteran des Hongkong-Kinos: Tsui Hark ist in seiner Heimatstadt dank seiner unermüdlichen Kreativität eine lebende Legende, mit Hollywood war er auf die Dauer nicht kompatibel. Gemeinsam mit ihm brennt der noch im größten Chaos tiefenentspannte Van Damme ein Actionfeuerwerk sondergleichen ab - vielleicht im Wissen, dass die Zeiten, als Muskelmänner schon dank ihrer bloßen Leinwandpräsenz Millionen in die Kinos locken, bald vorbei sein würden.

JCVD

Von Mabrouk El Mechri, 2008
Zu sehen auf Amazon

Nachdem er sich jahrelang für immer kleinere Gagen durch immer trashigere Filme geprügelt hatte, spielt Jean-Claude Van Damme im Jahr 2008 Jean-Claude Van Damme - einen Schauspieler, der sich jahrelang für immer kleinere Gagen durch immer trashigere Filme prügelt. Bis er eines Tages eine Bank ausraubt. Oder auch nicht, aber die konkrete Handlung ist in diesem Fall noch mehr Nebensache als in früheren Van-Damme-Filmen. „JCVD" ist in erster Linie Selbstporträt, die melancholische, tragikomische Bestandsaufnahme eines Lebens und einer Karriere. Über ihre eigenen Filmrollen lustig gemacht haben sich auch andere Schauspieler (man denke an Schwarzenegger in „Last Action Hero"), aber keiner ist dabei so weit gegangen wie Van Damme. Zentrum des Films ist eine lange, ungeschnittene Sequenz, in der der Schauspieler sich direkt dem Publikum zuwendet und über sein Leben erzählt. Ein Körper vor der Kamera: Das ist letztlich alles, was bleibt.

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