Lokalkritik

Chef's Table: „Der Grieche“

Der Grieche: Barnabiteng. 5, 1060 Wien, Mo bis Sa, 11–00 Uhr, ✆ 01/890 69 40, www.dergrieche.wien 
Der Grieche: Barnabiteng. 5, 1060 Wien, Mo bis Sa, 11–00 Uhr, ✆ 01/890 69 40, www.dergrieche.wien Die Presse/Clemens Fabry
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Der Grieche hat da eröffnet, wo einst der älteste der Stadt zusperrte. Die Küche ist zum Glück nicht antik, sondern sehr zeitgemäß. Am Schluss gab es Tränen.

Vergessen wir die alten Klischees rund um die griechische Küche, die zwar Meer, Olivenöl und Knoblauch kennt, aber kaum Leichtigkeit. Vergessen wir, dass an der Stelle, an der nun „Der Grieche“ eröffnet hat, einst der älteste Grieche Wiens wie aus der Zeit gefallen war und stand. Vergessen wir, dass es nicht ganz nachvollziehbar ist, wie man erfolgreich griechische Restaurants gleichen Namens in Mistelbach, Korneuburg und Hollabrunn führen kann.

Herr Salamanopoulos kann und wagt sich nun mit einem griechischen Fine-Dining-Restaurant nach Wien Mariahilf. Hübsch und elegant wurde es, auf der Terrasse übersteht man auch Starkregen problemlos. Der Eigentümer holte sich den Athener Spitzenkoch Gikas Xenakis (Restaurant Aléria) für Konzeption und Beratung, Chefkoch Thomas Papas führt das sogenannte Hellenic Fine Dining aus. Angeblich sollen das Speisen aus dem antiken Griechenland sein. Aber wenn ich im Geschichtsunterricht richtig aufgepasst habe, stimmt das zum Glück nicht. Homer konnte nicht so knackige gegrillte Garnelen mit weißer Kaviar-Paste, süßsauer marinierten Roten Rüben und Kapernblättern verzehren, sonst wäre sein Werk vielleicht fröhlicher ausgefallen. Fast noch besser schmeckt die griechische Variante der Ceviche: Marinierter Seebarsch mit sauren Zitrusfrüchten, rotem Florinis-Paprika, Schnittlauch und dezent feurigem Chili bringen eine schöne Erfrischung am Gaumen zusammen. Unter dem Namen Viologiko Lavraki werden ein gegrilltes Filet vom Wolfsbarsch, Artischocken, frische Miesmuscheln und Dill serviert, eine gute Kombination. Vergleichsweise klassisch sind die in Rotwein geschmorten Kalbsbäckchen mit Rosmarin, Kichererbsen und Spinat. Die eigentliche Erweiterung des kulinarischen Horizonts passiert mit dem Dessert: Die Crémeux von weißer Schokolade mit Mastix aus Chios, marinierter Birne und Mandarinen-Sorbet schmeckt nicht nur ungewöhnlich bis genial, sondern bringt Naturkunde: Mastix ist das Harz der gleichnamigen Sträucher, auch als Tränen von Chios bekannt, und gilt zu Recht als Delikatesse. Ach ja, die Qualität des griechischen Weins hat sich enorm verbessert. Bitte mehr solche Restaurants auf den griechischen Inseln, und ich schwöre Italien/Frankreich ab.

Der Grieche: Barnabiteng. 5, 1060 Wien, Mo bis Sa, 11–00 Uhr, ✆ 01/890 69 40, www.dergrieche.wien

www.diepresse.com/essen

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2021)

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