Keine Partei ist derzeit in Italien so beliebt wie die rechte Fratelli d'Italia. Chefin Giorgia Meloni hofft, bald erste Premierministerin des Landes zu werden. Faschismus und „Duce“ will sie aber nicht verurteilen: Das hat viele Gründe.
Die Gästeliste der Dinnerparty im „Ristorante Terme“ am 28. Oktober 2019 war prominent, das Menü exquisit. Marco Fioravanti, Bürgermeister des mittelitalienischen Städtchens Ascoli war anwesend, auch der Abgeordnete Francesco Acquaroli kam. Die Antipasti waren köstlich, der Timballo üppig, das Lamm zart. Und pikant war auch die Speisekarten-Deko. In eleganter Schreibschrift stand darauf: „Voranschreiten und aufbauen und, wenn notwendig, kämpfen und siegen.“ Über dem Zitat war das Konterfei des Autors abgebildet: Benito Mussolini, Italiens faschistischer Diktator. Und gleich daneben schmückte das Liktorenbündel, das Symbol der Faschisten, das Menü.
Zum Abendessen in Acquasanta Terme (Region Marche) hatte die ultrarechte Partei Fratelli d'Italia eingeladen. Man gedachte des 28. Oktober 1922, als Mussolini mit seinen Schwarzhemden nach Rom marschiert war und die faschistische Machtübernahme eingeleitet hatte. Über das Massaker, das sich nur wenige Meter vom Restaurant entfernt ereignet hatte, wurde vermutlich nicht gesprochen. Im März 1944 hatten Faschisten und SS-Soldaten in der Gegend 42 Menschen ermordet, denn dort waren Partisanen aktiv. Das jüngste Opfer des Blutbads war elf Monate alt: Die kleine Anna war vor den Augen ihrer Mutter verbrannt worden. Deutsche Soldaten hatten das Haus angezündet, in dem sie schlief.