Profiling

Warum dem jö Bonus Club eine Strafe in Millionenhöhe droht

UÖBC/Hofer
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Weil Kunden nicht ausreichend über die Verwendung der personenbezogenen Daten informiert wurden, verhängte die Datenschutzbehörde eine Strafe von zwei Millionen Euro. Der Jö Bonusclub will Beschwerde einlegen.

„Wir machen nichts Böses mit den Daten“ sagte Jö-Geschäftsführerin Ulrike Kittinger zum Start der Bonuskarte 2019. Das sieht die Datenschutzbehörde offenbar anders. Zwei Millionen Euro Strafe wurden verhängt, weil Kunden nicht ordentlich über den Einsatz von Profiling informiert wurden. Der Rewe-Club hat Beschwerde eingelegt, nun wandert die Causa zum Bundesverwaltungsgericht. Bis hier aber ein Termin, oder gar ein Urteil folgt, könnten noch Monate vergehen. Bis dahin kündigt der Bonusclub einen Stopp des Profilings an. Damit einher gehe auch, dass Kunden vorerst keine „Prozentermäßigungen, für die die Einlösebons per Post“ kommen, erhalten werden.

Zwischen Mai 2019 und März 2020 wurde nicht ausreichend in der Einverständniserklärung informiert, heißt es in der Begründung. Demnach liege ein Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung vor, die 2018 in Kraft trat. Der Club habe den Eindruck vermittelt, Kunden würden sich nur für Rabatte und Gutscheine anmelden. Sofern sie nach unten scrollten, hätten sie erfahren, dass sie sich zum sogenannten Profiling bereit erklären, also zur Weiterverwendung persönlicher Daten.

Angepasste Werbung, zielgerichtete Aktionen und Anpassungen an das Sortiment je nach Erkenntnissen über das Kaufverhalten einer großen Zahl von Kunden, das ist der Vorteil, den teilnehmende Unternehmen aus den Bonusclubs ziehen können. Für den Konsumenten stellt es sich laut Ansicht des Vereins Epicenter Works freilich anders dar. Die Datenschutzexperten mahnen: „Wenn du für das Produkt nichts zahlen musst, dann bist du das Produkt“.

Ein Beispiel, das sich bereits 2012 in den USA ereignete und Kundenprofiling erklärt: Der Supermarktriese Target vergibt auch Bonuskarten, mit denen die gesamte Familie einkaufen kann. Eines Tages stürmte ein erboster Vater in eine Filiale, er wolle mit dem Manager sprechen. Warum seine Tochter, die noch zur Highschool geht, Werbung für Babyprodukte erhalte, wollte er damals wissen. Ob man damit Teenager-Schwangerschaften fördern wolle. Der Manager wie auch der Vater waren gleichermaßen unwissend. Jedoch der Algorithmus hinter der Bonuskarte wusste mehr. Die Schülerin war tatsächlich schwanger. Aufgrund von Übereinstimmungen mit Käufen anderer Schwangerer war sie in diese Gruppe gefallen. Nicht nur was die geänderte Lebensmittelauswahl betraf, auch geänderte Vorlieben bei Kosmetikprodukten (geruchslose Körperlotionen), wies sie automatisch einer neuen Gruppe zu, um ihr entsprechend angepasste Werbung zuzuschicken. 

Diese Form des Profiling wertet auch die Datenschutzbehörde als besonderes Risiko, weil bestimmte Aspekte einer Person bewertet und eine Vorhersage über ihr Verhalten in der Zukunft getroffen werden kann. Werden diese Daten an Dritte weitergegeben, könne das zu Problemen für Betroffene führen. Beim jö Bonus Club wird eine weitreichende Zustimmung gegeben, obwohl die Partner – neben den Rewe-Marken Billa, Penny und Bipa etwa auch Libro, Bawag und Allianz Versicherungen- nicht aufeinander zugreifen können.  

Änderung vorgenommen - Kunden nicht informiert

Konkret beanstandet die Datenschutzbehörde die Formatierung auf der Webseite des Clubs sowie auf Anmeldeformularen. Eine Zustimmung zum Profiling soll nicht immer eindeutig ersichtlich gewesen sein. Das habe der Club nach einem ersten Verfahren auch eingesehen und geändert - die Daten der damals 2,3 Millionen aktiven Jö-Bonusclub-Besitzer seien aber nicht über die Änderung informiert worden. Die Daten wurden weiterverwendet.

Nutzer, die sich von Mai 2019 bis März 2020 über die Webseite oder einen Flyer des Clubs anmeldeten, wurden dem Bericht zufolge unzureichend informiert. Die DSGVO setze eine Auskunft in einer "leicht zugänglichen", klaren und einfachen Sprache voraus. Es sei aber etwa erst auf die Verarbeitung personenbezogene Daten verwiesen worden, nachdem User eine Box mit einem "Ja" oder "Nein" versahen und hinunterscrollten statt schon vor Zustimmung informiert zu werden.

„Optimistisch“ bei Beschwerde gegen Straferkenntnis

"Wir werden gegen diesen Bescheid Beschwerde einlegen“, kündigte ein Sprecher des Jö-Bonusclubs an. Damit wandert die Thematik zum Bundesverwaltungsgericht. Man sei "optimistisch" und sich "recht sicher", dass man mit der Beschwerde gegen das Straferkenntnis erfolgreich sein wird - die Beschwerde ist noch nicht eingelegt, man sei noch innerhalb der Frist, sagte Rechtsanwalt Robert Keisler von der Kanzlei CMS Reich-Rohrwig Hainz, der den jö Bonus Club in dieser Angelegenheit vertritt.

Vorerst wird das Profiling in einigen Bereichen der Jö-Bonuswelt ausgesetzt. Dort könnten zwar weiter Bonuspunkte gesammelt und eingelöst werden, es gebe vorerst jedoch keine auf persönlichen Einkaufsdaten basierende Angebote, also teils auch keine der regelmäßigen Prozentermäßigungen, für die die Einlösebons per Post versandt werden, so Mario Rauch von der jö-Club-Chefetage: "Auch das hängt an der Profilierung, die haben wir bei den Betroffenen gestoppt. Wir setzen das bis zur Klärung auf Hold."

Maier betonte, bei dem 2019 gegründeten Kundenprogramm seien stets die Bedürfnisse der Kunden im Mittelpunkt gestanden - da gehöre auch ein sicherer und sorgfältiger Umgang mit den Daten dazu. Man habe seinerzeit auch die DSB um Beratung geben, da die DSGVO erst ein Jahr alt gewesen sei, das sei aber leider verwehrt worden. Man erachte die DSGVO als wichtiges Gesetz, der Datenschutz sei ein hohes Gut, das geschützt werden müsse. Die jö-Club-Mitglieder hätten das Zuschneiden von Angeboten auf persönliche Vorlieben aktivieren, aber auch deaktivieren können. Ursprünglich habe die DSB alle vier Kanäle beanstandet, später sei es nur noch um die Website und die Folder (Flyer) gegangen.

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