Wissensmonopol

Geplante Forschungsdatenbank ist "Datenschutzkatastrophe"

(c) REUTERS (Dado Ruvic)
  • Drucken

Die geplante Forschungsdaten-Plattform bietet in ihrem Gesetzesentwurf selbst Banken und Lobbyorganisation Zugriff ohne Kontrolle. Datenschützer nominieren Bundeskanzler Kurz für die Novelle für den „Big Brother Award“.

So viele Daten und so wenig Überblick. Während überall Daten entstehen, ist der Austausch und die Verknüpfung behördlicher und wissenschaftlicher Daten kaum existent. In der Pandemie verschärfte sich die Kritik, denn mit Hilfe von Daten hätte man viel über das Virus und seine Verbreitung erfahren können, lautet die Kritik von vielen Stellen. Ein Grund mehr für die Regierung den Plan für eine Datenplattform, die zahlreiche Daten von Bürgern bündelt und Institutionen für Forschungszwecke zur Verfügung stellt, voranzutreiben. Der aktuelle Gesetzesentwurf weist aber gravierende Lücken auf, die Experten des Vereins "Epicenter.works"“ als eine regelrechte "Datenschutzkatastrophe“ bezeichnen. 

Die Datenschutzexperten orten im vorgelegten Gesetzesentwurf zur Registerforschung "gravierende Mängel aus Datenschutzsicht und das Risiko für den Missbrauch".

Was ändert sich?

Am 10. August endet die Begutachtungsfrist für die Novelle, mit der das Bundesstatistikgesetz 2000 und das Forschungsorganisationsgesetz geändert werden sollen. Damit werde der langjährige Wunsch einiger Gruppen in der österreichischen Wissenschaftscommunity erfüllt, Zugriff auf staatliche Datenbanken (Registerdaten) zu bekommen. "Diese Änderung bedeutet einen grundlegenden Paradigmenwechsel im Umgang des Staates mit unseren Daten", warnte "Epicenter.works“.

Die bisherige Leitstelle für Daten, Zahlen und Statistiken, die Statistik Austria - wird um eine Anlaufstelle erweitert. Im dafür geschaffenen Austrian Micro Data Center (AMDC) sollen dort zusammenlaufen und gebündelt werden. Die Novelle sieht vor, dass es eine zentrale Anlaufstelle gibt, dort sollen alle Daten aus öffentlichen Stellen und der Verwaltung zusammenfließen. Dazu zählen Erwerbsdaten, Wohninformationen, Gesundheitsdaten, Verkehrsdaten und auch Bildungsdaten. Informationen, die sich jetzt bereits öffentlich nachvollziehen lassen

Zugriff auch für Banken und Ministerien möglich

"Leider versäumt der vorliegende Entwurf eine Sicherstellung der Anonymisierung der Daten, sowie die Unabhängigkeit und Transparenz der durchgeführten Forschungsvorhaben. Durch diese Reform entsteht an einer Stelle ein extrem eingriffstiefes Bild über die gesamte Bevölkerung", so die NGO.

So werden mit der Plattform alle Daten, die die Statistik Austria heute schon hat, geöffnet und mit Daten aus allen anderen staatlichen Registern, die durch Verordnung des zuständigen Ministeriums freigegeben wurden, verbunden. Personenbezogenen Daten würden dabei unzureichend anonymisiert.

Das Gesetz lege zudem nahe, dass auch Banken oder Ministerien zugriffsberechtigt sein könnten. Es fehle die Sicherstellung, dass nur anerkannte Forschungsinstitutionen, unabhängig von wirtschaftlichen Interessen, Zugriff auf die Daten bekommen, warnt "Epicenter.works". So hätte etwa die Agenda Austria Zugriff. Zudem gebe es in dem Gesetz keine Einschränkung auf in Österreich ansässige Einrichtungen. Weiters können die Daten, sobald jemand einmal Zugriff bekommen hat, auch für andere Untersuchungen, abseits des eingereichten Forschungsvorhabens, verwendet werden. Es gebe kein unabhängiges Fachgremium zur Prüfung von Forschungsvorhaben, sowie zur Prüfung vor Zugriffsberechtigung von weiteren Einrichtungen.

Statistik Austria als einzige Kontrollinstanz

Die einzige Kontrollinstanz bei Missbrauch der Daten sei die Statistik Austria, die keine Berichtspflichten habe, keinen Zwang zu handeln und für die der Zugriff auf Daten mittels Austro Micro Data Center eine Geldquelle sei. Protokollpflichten beim Zugriff auf die Daten würden damit abgebaut, anstatt intensiviert zu werden. Unternehmensdaten gelten als schützenswerter, als der Schutz personenbezogener Daten. "Forschung ist wichtig. Sich das Deckmäntelchen der Forschung anzulegen, um unkontrollierten Zugang zu sensiblen Daten der Verwaltung zu bekommen, ist es nicht", kritisieren die Datenschützer. "Epicenter.works" nominierte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen des Gesetzes für den Big Brother Award.

Scharfe Kritik an dem geplanten Gesetze hatte kürzlich auch SPÖ-Datenschutzsprecher Christian Drobits artikuliert. Er sieht in der jetzigen Form der Novelle ein Wissensmonopol der Statistik Austria. Die SPÖ sieht bei dem Vorhaben noch viel Diskussions-und Verbesserungsbedarf. Der Gesetzesentwurf biete in seiner derzeitigen Form viele Missbrauchsmöglichkeiten, warnte auch Drobits.

Zudem müsste die Statistik Austria weisungsfrei gestellt werden. Derzeit ist das Amt dem Bundeskanzleramt unterstellt, die SPÖ will, dass es der Verantwortung des Parlaments überstellt und damit unabhängig gemacht werde.

(APA/bagre)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.