Krankenversicherung

Gesundheitsfragen: OGH urteilt streng

Diagnosen dürfen dem Krankenversicherer nicht verschwiegen werden.
Diagnosen dürfen dem Krankenversicherer nicht verschwiegen werden.(c) APA/Zentralbild
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Eine Versicherungsnehmerin verschwieg eine Diagnose, die sich im Nachhinein als falsch herausstellte. Der Versicherer trat vom Vertrag zurück - und war damit laut dem Höchstgericht im Recht.

Wien. Wer eine Krankenzusatzversicherung abschließen möchte, tut gut daran, es mit der Beantwortung der Gesundheitsfragen genau zu nehmen. Das zeigt eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH; 7Ob91/21i).

Eine Frau hatte vor Jahren eine Totgeburt erlitten. In weiterer Folge wurde bei ihr die Diagnose Antiphospholipid-Syndrom gestellt. Bei weiteren Schwangerschaften müsse sie Thrombosespritzen bekommen und Blutverdünnungsmittel nehmen, hieß es. Und so kam es dann auch: Die Frau wurde neuerlich schwanger und erhielt diese Behandlung.

Später wollte sie eine Krankenzusatzversicherung abschließen. Bei der Antragstellung musste sie unter anderem eine Frage nach in den letzten fünf Jahren ambulant behandelten und unbehandelten Krankheiten, Verletzungen, Beschwerden und Anomalien beantworten. Sie verschwieg dabei jedoch die eingangs erwähnte Diagnose. Die Frage nach schwerwiegenden Krankheiten des Blutes verneinte sie ebenfalls.

Der Versicherer erfuhr jedoch von der Diagnose und erklärte laut § 16 Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) den Rücktritt vom Vertrag. Laut dieser Bestimmung muss der Versicherungsnehmer beim Vertragsabschluss alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzeigen – wobei ein Umstand, nach dem der Versicherer ausdrücklich und in geschriebener Form gefragt hat, im Zweifel als erheblich gilt. Eine entsprechende Rücktrittsregelung war auch in den allgemeinen Vertragsbedingungen enthalten.

Kenntnisstand beim Abschluss ist entscheidend

Die Frau wollte die Vertragsauflösung allerdings nicht akzeptieren. Nachträglich hatte sich nämlich herausgestellt, dass sie gar nicht am Antiphospholipid-Syndrom leidet. Die damals gestellte Diagnose war falsch – was sie freilich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht wusste.

Vor Gericht begehrte sie daher die Feststellung des Weiterbestehens ihres Versicherungsvertrags. Damit setzte sie sich jedoch letztlich nicht durch: Das Berufungsgericht bejahte die Wirksamkeit des Vertragsrücktritts, und auch der OGH teilte diese Rechtsansicht. Laut dem Höchstgericht knüpft § 16 Abs. 1 VersVG nämlich an den Kenntnisstand des Versicherungsnehmers zum Zeitpunkt der Beantwortung der Antragsfragen an. Hatte der Versicherungsnehmer zu diesem Zeitpunkt „aufgrund der ihm offenbarten ärztlichen Einschätzungen Kenntnis von einem nachgefragten gefahrenerheblichen Umstand“, so hat er ihn auch anzuzeigen, entschied der OGH.

Wird daher nach einer Erkrankung gefragt, ist eine zu diesem Zeitpunkt bestehende Diagnose anzugeben. Selbst wenn sich diese später als unrichtig herausstellen sollte, macht das eine Pflichtverletzung beim Vertragsabschluss nicht ungeschehen.

Das Fazit des OGH: Die Klägerin hat wesentliche Umstände verschwiegen, indem sie weder die ausdrücklich gestellte Diagnose noch ihre daraufhin auch tatsächlich erfolgten Behandlungen mit Thrombosespritzen und Blutverdünnern angegeben hat. Sie hat damit vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt. Der Rücktritt des Versicherers vom Vertrag ist daher wirksam.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2021)

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